Juni

[128] 1. Am Brunnen. Schema des Nußbraunen Mädchens. Orlamündische Zeichnung getuscht. Nach Tische Herr von Tümpling. Im Tuschen fortgefahren. Nachher spazieren den Chotetschen Weg. Einiges gezeichnet. Nachher in den Saal, wo sich die gewöhnliche Gesellschaft fand. Nach Hause. Einiges durchgedacht und vorbereitet. Shawls angesehen. Briefe von Hause, von Frau von Eybenberg. Quartier für die letzte gesucht.

2. Wenig getrunken. Gedicht auf die Ankunft der Kaiserin. Graf Razumovsky. Mancherlei Mineralogisches und Geologisches mit demselben besprochen. Herr von Tümpling. Nach Tische an den kleinen Landschaften getuscht. Den Wagen[128] besehen. Wenig spatzieren. Abends im Saal. Dann bey der Gräfin Potocka mit Razumovsky, Corneillan u.s.w.

3. Früh am Brunnen mit dem preußischen Ritterschaftsdirector von Klitzing, über die gegenwärtige traurige Lage von Preußen. Wanderjahre. Lenardo's Bekenntnisse. Druck des Gedichts auf der Kaiserin Ankunft. Gegen 4 Uhr auf das Präger Wirthshaus.

4. Am Brunnen. Nachher Wanderjahre: Besuch bey Valerinen. Herr von Tümpling. Mittags bey der Gräfin Potocka mit Corneillans und O'Kelly. Im Saale. Große Kälte und Feuchtigkeit. Späße deshalb. Abends bey O'Hara zum Thee. Fürst Lichnowsky, Graf und Gräfin Razumovsky.

5. Früh am Brunnen. Ging den ganzen Morgen spatzieren, die neuen Capitel der Wanderjahre überdenkend, den großen Findlaterschen Weg und andre Promenaden. Schöne Moose. Abdruck des Gedichts. Erwartung des Prinzen Anton von Sachsen, welcher nach 1 Uhr ankam. Nach Tische getuscht an den kleinen Landschaften. Sodann im sächsischen Saale, den Herrschaften vorgestellt. Marquis Piatti. Sodann bey Graf Razumosky, wo Fürst Lichnowsky und die gewöhnliche Gesellschaft war. Chevalier O'Hara erzählte eine Gespenstergeschichte, welche sich in den letzten Tagen zwischen hier und Prag ereignet.[129] Blazer, Schlossermeister, im goldenen Kegel und dessen Bestecke chirurgischer Instrumente.

6. Früh am Brunnen. Die neuen Capitel der Wanderjahre durchgedacht. Brief an meine Frau noch Weimar, Ankündigung des Shawls, und an Cotta, eingeschlossen an meine Frau. An dem Auffatz über Carlsbad weiter dictirt. Anstalten zum Empfang der Kaiserin, die nach 1 Uhr eintraf. Mittags bey Ritter O'Hara zu Tische. Abends im Saal und der Kaiserin vorgestellt. Nachher die Illumination mitangesehen.

7. Früh am Brunnen. Die große Tour des Findlaterischen Weges. Mittags bey Graf Razumovsky. Dispute zwischen Fürst Lichnowsky und O'Hara über das Recht geistliche Güter einzuziehen. Abends im Saal, mit der Kaiserin gesprochen. Packet mit dem Shawl an meine Frau.

8. Früh am Brunnen. Die große Tour der Prager Chaussee zu der Egerbrücke hinauf, beym Dorotheen-Tempel herunter. Mittags zu Hause, von Tümpling. Abends im Saal. Sodann zum Thee bey Gräfin Potocka mit Corneillans.

9. Früh am Brunnen. Nachher weite Promenade auf die Höhen zwischen dem böhmischen Saal und dem Posthofe. Das von O'Hara erhaltene Buch über die Irländischen Barden gelesen und einiges extrahirt. Abends in den Saal, wo sich die Kaiserin und der sächsische Hof befanden. Die[130] Kaiserin hatte in einem niedrigen Wägelchen mit 2 Rädern die Tour vom Schloßberg hinauf durch die Findlaterschen Promenaden gemacht. Abends mit der Gräfin Potocka und Corneillans auf der Wiese beym Zapfenstreich.

10. Früh am Brunnen. Nachher spatzieren. Mittags bey Fürst Lichnowsky mit Graf und Gräfin Razumovsky, Gräfin Razumosky, Graf Corneillan, O'Hara und O'Kelly. Spatzieren, wo wir der Kaiserin begegneten und ihr in den Saal folgten. Abends bey Corneillans zum Thee. Gräfin Chotek.

11. Früh am Brunnen, mit der Gräfin Chotek auf und ab gegangen. Vorher beym Prinzen Bernhard. Kam derselbe hernach zu mir mit Herrn von Rühle und Herrn Hauptmann Verlohren. Zeichnungen ajustirt. Abends im Concert. Fiel ein starker Regen ein. Mit Graf Bouquoi nach Hause gefahren. Versprochnes Manuscript.

12. Früh am Brunnen. Nachher bey Müller die Irischen Barden. Major von Rühle. Beym Prinzen Bernhard nach Tische. Abends Ball im sächsischen Saale. Den Tag über besonders an die Wanderjahre gedacht. Auszug aus Degerando Philosophie expérimentale.

13. Früh am Brunnen. Zeichnungen aufgezogen. Den Wanderjahren nachgedacht. Abends in den Saal, wo ich mich lange mit Prinz Anton unterhielt. Nachher zu Graf Razumovsky, wo Fürst[131] Lichnowsky seine schönen Dosengemälde vorzeigte, sowol Miniatur als Email.

14. Früh am Brunnen. Bey Müller. Graf Corneillan wegen des Platzes, der der Kaiserin gewidmet werden sollte. Überlegung der Inschrift und eines Gedichtes. Beredung an Ort und Stelle. An den Zeichnungen beschäftigt. Starker einfallender Regen. Den Abend zu Hause, mit den Wanderjahren beschäftigt.

15. Starkes Regenwetter, eingeheizt und zu Hause geblieben. Gedicht zu der Einweihung des Platzes der Kaiserin. Schema zum 5. Capitel und ff. der Wanderjahre. Graf Corneillan mit dem Souvenir. Nahm O'Kelly Abschied. Besuch von Herrn Limburger Eisenstuck. Nach Tische zu Hause. Abends bey Meyer, Graf Coloredo und Fürst Lichnowsky. Zu Corneillans in den Saal, wo die Kaiserin abermals gegenwärtig war. Abschied von Prinz Anton. Nachher bey Graf Razumovsky. Emails dem Grafen Corneillan gehörig. Irländische Antiquitäten.

16. Eingeheizt und zu Hause geblieben. Das Bevorstehende an den Wanderjahren bedacht und das Schema supplirt. Das Gedicht auf den Platz der Kaiserin revidirt und bey Corneillans Abrede über diese Feyerlichkeiten. Nach Tische den Wagen probirt und auf den Hammer gefahren. sehr schlechtes Wetter. In der Papiermühle, die[132] ganze Arbeit gesehen. Abends Aufzug der Bergleute, aus den Fenstern des Herrn von Tümpling angesehen.

17. Früh am Brunnen. Nachher bey Himmel und bey O'Hara. Die Abschrift des Gedichts wurde besorgt. Bey der Gräfin Potocka zu Tische mit Graf Corneillan und O'Hara. Ball im böhmischen Saale.

18. Am Brunnen. Zu dem neuen Platze. Einige Anstalten. Abschriften des Gedichts. Mittags zu Hause. Nach Tische einen weiten Spatziergang gegen den Hammer zu. Abends im Saale. Unterhaltung mit dem Kreishauptmann, über verschiedne Staatsverhältnisse, Bevölkerung, Bergwesen. Leinwandfabrik im Königgrätzer Kreise. Fürst Moritz Lichtenstein.

19. Früh am Brunnen. Nachher auf den Platz der Kaiserin, zu arrangiren. Nachher Unterhaltung mit mehreren. O'Halloran Einleitung zu der Geschichte und den Antiquitäten von Irland. Unterhaltung mit Graf Razumovsky. Bey Meyer. Mittag bey Limburgers. Nach Tische zu Mad. Lämel. Sodann auf dem Spatziergang, zur Dedication des Platzes. Abends im Saale. Mit dem Kreishauptmann über Böhmen und andre öffentliche Gegenstände.

20. Prinzeß Marianne an den Brunnen begleitet. Alsdann mit Fürst Moriz Lichtenstein nach der[133] Carlsbrücke. Unterhaltung über die neuem Welt- und Kriegsbegebenheiten. Zur Wiese zurück. Capellmeister Himmel. Fortsetzung des vorigen Gesprächs. Kaiser Alexander, die Allgemeinheit seiner Galanterien. Die Art wie ihn Madame Bacharat (Kaufmannsfrau in Petersburg) zum Besten gehabt, mit einem ceremoniellen Thee, statt eines vertraulichen zu dem er sich eingeladen.

21. Früh am Brunnen. Auftrag wegen des Abschiedsgedichtes der Kaiserin. Frohnleichnamsprozession. Mittags mit Ritter O'Hara bey Mad. Lämel und Mad. Keil. Ölsner aus Paris und Jung. Abends Ball im böhmischen Saale. Und Illumination.

22. Am Brunnen. Gedicht zum Abschied. Abreise der Kaiserin früh um 7 Uhr. Abdruck der Stanzen auf den Platz der Kaiserin. Auf der Wiese. Prinzeß Marianne. Dechant Campe. Mittag zu Hause. An Frau Baronesse von Eybenberg nach Teplitz.

23. Am Brunnen und Gedicht auf den Abschied der Kaiserin. Mittags zu Hause. Abends in den Saal. Vorher mit Frau von Riedesel und ihrer Mutter spatzieren. Spielte Himmel in der Wohnung der Gräfin Szapary.

24. Am Brunnen. Abreise der Prinzeß Marianne von Sachsen. Gedicht auf die Abreise der Kaiserin.[134] Mittags bey Fürst Lichnowsky. Einige Gedichte vorgelesen. Abends bey Razumovsky. Die Gräfin war wieder zurückgekommen. Abermals bey der Gräfin Szapary, wo Himmel nochmals spielte.

25. Vollendung und Einband der Abschrift der Gedichte für die Kaiserin. Am Brunnen und auf der Wiese. Mittag bey O'Hara mit Fürst Lichnowsky und General Adoduroff. Abends bey Graf Razumovsky und bey Graf Moriz Lichtenstein, wo Graf Rosenberg war.

26. Nicht am Brunnen. Wanderjahre fünftes Capitel. Bey Mad. Hanbury. Auf der Wiese. Mittags zu Hause. Beschreibung von Teplitz. Gracians Homme de cour. Abends Fräulein von Riedesel begegnet. Im Saal. Bey Razumovsky, wo Himmel vortrefflich spielte und ein Castrat schlecht sang. Bekanntschaft mit Fürst Kinsky.

27. Nicht am Brunnen. Sechstes Capitel der Wanderjahre. Nebenstehende Briefe. An meine Frau nach Weimar. An Hofkammerrath Kirms. An Hrn. Obrist von Hendrich nach Jena. Einige Besuche. Mittag zu Hause. Nachher spatzieren, bey St. Florian hinauf, zum Prager Wirthshaus, die neue Chaussee bis zum Egerthor. Gutes warmes Wetter.

28. Nicht am Brunnen. Das siebente Capitel der Wanderjahre. Bey Franz Meyer. Fürst Kinsky, nachher Lichtenstein. Mittag zu Hause. Wenig[135] auswärts. Gracian Homme de cour. Zeitig zu Bette.

29. Nicht am Brunnen. Wanderjahre. Fürst Moriz Lichtenstein. Bey Mad. Hanbury. Auf der Wiese mit Herrn Frege. Über östreichische und sächsische Staatsanleihen. Mittags zu Hause. Gegen Abend spatzieren, nach der Carlsbrücke, den Bier-Uhr- Weg und den Chotekschen zurück. Nachher bey Corneillans zum Thee. Räthsel, Charaden und Calembours.

30. Wanderjahre. Mittags bey Hofrath Joel, in Gesellschaft von Fürst Moriz Lichtenstein, Kinsky, Graf Colloredo, Polizeykommissär Hoch. Packet nach Lauchstädt an meine Frau durch Herrn von Helldorf, mit Chocolade, Pfeffermünze und einem Glase nebst Brief. Spatzieren.


Quelle:
Goethes Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung, Bd. 4, S. 128-136.
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