[552] Prospero. Fernando. Miranda. Fabio. Ariel. sichtbar.
Caliban. Oronzio und Stefano. versteinert. Prospero steigt vom Felsen herunter, die übrigen folgen ihm und gehen vorwärts. Die Musik vertändigt den Anbruch des Tages.
ARIEL.
Es weichen die Schatten, es fliehen die Sorgen;
Im festlichen Schimmer erscheinet der Morgen;
Vom Jubelgesange der Erde begrüßt.
PROSPERO, FERNANDO, MIRAND, FABIO.
Willkommen, Bezwinger der Schatten, der Sorgen![552]
Willkommen, im Jubel der Schöpfung, o Morgen!
O, sey uns mit Thränen des Dankes gegrüßt.
PROSPERO.
Es weiche dem Jubel des Morgens die Rache!
Mild ist der Sieg der guten Sache.
Sich gegen die Statuen wendend.
Lebt auf! genug habt ihr gebüßt.
ORONZIO UND STEFANO allmählig erwachend.
O, Großmuth! o Güte!
Er hat uns vergeben!
Er winkt uns ins Leben!
Wir jauchzen und schweben
Im Taumel daher.
CALIBAN.
Ich schäume, ich wüthe,
Ich spotte der Güte, –
Ich fluche dem Leben
Und suche mit Beben
Die Mutter im Meer.[553]
PROSPERO in die Wiederholung der vorhergehenden Strophe einfallend.
Verächter der Güte!
Erliege dem Streben
Ohnmächtiger Tücke!
Verzweifle und drücke
Die Erde nicht mehr!
Caliban stürzt sich ins Meer, Blitz und Donner begleiten seinen Fall.
Pause.
ORONZIO UND STEFANO nähern sich dem Prospero und fallen auf ihre Knie. Wie sollen wir dir danken?
PROSPERO. Durch eure Besserung.
ORONZIO UND STEFANO freudig als sie Fernando erblicken. Unser Prinz? Sie wollen sich ihm nähern.
FABIO. Geht! geht! er hat jetzt nicht Zeit euch Gehör zu geben.
Oronzio und Stefano ziehen sich zurück.
Fernando und Miranda. sehen sich schmachtend an.
[554]
ARIEL. Guter Meister! Bist du heute mit mir zufrieden?
PROSPERO. Ich bins, mein Ariel!
ARIEL. Darf ich einen Wunsch äußern?
PROSPERO. Fordere – und wenn es deine Freyheit wäre.
ARIEL zeigt auf die Liebenden. Du bist Vater, und kannst dieses Paar schmachten sehen?
Es eilen die Stunden;
Es winken die sanftern Scenen,
Sie hat ihn gefunden,
Ihn, der sie zu rühren
Der wurdigste war.
O merk auf ihr Sehnen;
O kürze die Prüfung der Treue!
Sey Vater! und weihe
Zum seligsten Bunde
Das liebende Paar.[555]
PROSPERO zu Ariel.
Erhört sey dein Sehnen!
Zu Miranda und Fernando.
Empfange vom segnenden Munde
Des Vaters, die Weihe
Zum Bunde der Treue,
Du zärtliches Paar!
Er fügt ihre Hände zusammen.
MIRANDA UND FERNANDO zu Ariel und Prospero.
O Schutzgeist! o Vater!
Wir bringen, in schmelzenden Blicken,
Des Herzens Entzücken
Zum reinsten Opfer
Des Dankes euch dar!
FABIO.
O schönste der Scenen!
Noch nie hat so reines Entzücken
Mein Bissen empfunden,
Nie sanftere Thränen
Mein Auge geweint.
ARIEL.
Dein Wunsch ist gekrönet.
Sie tönet, o Meister, sie tönet,[556]
Die frohste der Stunden!
Ich sehe den Retter
Der allen erscheint.
Verschwindet.
Man hört Gesang hinter dem Theater, die Anwesenden, bis auf Prospero. nähern sich dem Ufer.
Buchempfehlung
Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.
68 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro