488. Sechs Brüder bei Geyer.

[421] Ziehnert Bd. III. S. 206 sq.


Im Jahre 1632 als kaiserliche Truppen von der Burg Scharfenstein aus die ganze Umgegend durchstreiften, war es einem Trupp herzhafter Burschen aus Elterlein und Zwönitz gelungen, in der Nähe von Scharfenstein sechs Oesterreicher, im dichten Walde schlafend, zu überfallen und gefangen zu nehmen. Was nun mit den Gefangenen zu beginnen sei, darüber entstand unter den Siegern heftiger Streit. Die von Elterlein meinten, daß es das Beste sei, sie sämmtlich todt zu schlagen, die von Zwönitz aber wollten nichts davon wissen und brachten es dahin, daß man zuletzt beschloß, sie zur Armee zu bringen. So zogen sie fort.

Als sie in die Nähe von Geyer kamen, erhob sich der Streit von Neuem und weil die Elterleiner mit Gewalt drohten, so wurden die Zwönitzer voll Aerger und schieden von ihnen, die Gefangenen ihrem Schicksale überlassend Dieses war ein trauriges. Denn kaum waren die Zwönitzer im Walde verschwunden, da fielen die mordlustigen Elterleiner über die wehrlosen Opfer ihrer Wuth her und ermordeten ihrer fünf auf die grausamste Weise, den sechsten aber warfen sie in ein tiefes Loch, in welchem ihn die Vorübergehenden noch am andern Tage jammern hörten. Zum Gedächtniß dieser Greuelthat heißt jene Stelle der Wiesen bei Geyer noch jetzt die sechs Brüder, ohne daß man bestimmen kann, ob wirklich die sechs unglücklichen Oesterreicher Brüder gewesen sind.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen. Band 1, Dresden 21874, S. CDXXI421-CDXXII422.
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