13. Graf Adolf von Berg und sein Sohn.

[15] (Nach Montanus Bd. I. S. 189 etc.)


Das Unglücksjahr 1348, in welchem zwar nicht, wie die alte Prophezeiung gedroht hatte, die Welt unterging, wo aber in ganz Deutschland Noth und Elend war, wo Erdbeben und Mißwachs Hungersnoth, Aufruhr, den schwarzen Tod und St. Veitstanz in ihrem Gefolge hatten, wo die Geißler mit ihren Lastern Süddeutschland überschwemmten, war auch für die Bergischen Lande ein sehr schweres. Hier herrschte nämlich bereits vierzig[15] Jahre lang Adolf der Erste als einer der würdigsten Regenten, die je einen Thron bestiegen, und in diesem Jahre erfuhr er das Schrecklichste, was einen Vater treffen kann: seine eigenen Söhne empörten sich gegen ihn. Er war seit seiner Thronbesteigung ein strenger Vertheidiger des Landfriedens und unerbittlicher Feind der damals im ganzen Deutschen Reiche so zahlreichen Raubritter gewesen. Natürlich gehörten diese und sein schlimmer Nachbar, Erzbischof Heinrich von Cölln, deshalb nicht zu seinen Freunden, und so kam es denn, daß seine beiden Söhne Adolf und Wilhelm, für deren Ehrgeiz er zu lange lebte, von dem ihm durchweg feindlich gesinnten Adel des Bergischen Landes zum Aufstand gegen ihn ermuthigt wurden. Nun war aber einer der gefürchtetsten Wegelagerer ein gewisser Rindfleisch, der sich schon bei den zwei Jahre vorher stattgefundenen Judenverfolgungen durch seine unmenschliche Grausamkeit einen schlimmen Namen gemacht hatte; dieser machte nun mit einer Anzahl Spießgesellen, unter denen wieder ein gewisser Zopf der gefürchtetste war, das Siebengebirge und die ganze Gegend herum unsicher. Der Graf Adolf zog gegen sie, warf ihre Bande nieder, aber leider gelang es Rindfleisch, das Kloster Heisterbach zu erreichen, wo er trotz seiner Verbrechen Aufnahme fand. Zwar forderte der Graf den Abt auf, den Missethäter auszuliefern, allein dieser wollte sein Vorrecht, jedem Verfolgten ein unantastbares Asyl zu gewähren, nicht aufgeben und so ließ sich denn der Graf von der Hitze verleiten, in das Kloster mit gewaffneter Hand einzudringen und den Räuber aus seinem Schlupfwinkel herauszuholen. Dieses benutzten seine Söhne; unterstützt von dem raubsüchtigen Adel und der Geistlichkeit, die sich durch jenen Eingriff in ihre Vorrechte beleidigt fühlte, schrieen sie ihren Vater als Kirchenschänder aus und verlangten von ihm, er solle den Gefangenen freigeben und die Regierung ihnen abtreten. Zwar weigerte sich der aufgebrachte Graf, allein ehe er noch seine Vasallen um sich versammeln konnte, drangen sie in das Schloß Bensberg ein und befreiten den dort gefangen sitzenden Räuber, ihr Vater selbst aber entkam mit genauer Noth. Zwar versuchte er ein Heer zu sammeln, allein ehe ihm dies möglich wurde, hatten seine Söhne nicht blos den größten Theil seines Landes, sondern auch die festesten seiner Burgen eingenommen und schon glaubten sie sich im sichern Besitze des väterlichen Erbes; da wurden sie selbst unter sich uneins, wer denn nun eigentlich als alleiniger Regent die Grafschaft erhalten solle. So kam es zu Feindseligkeit zwischen ihnen und weil der jüngere Bruder Wilhelm, der übrigens der schlechtere von beiden war, sich trotzdem, daß sich ihm Rindfleisch mit seinem Anhange angeschlossen hatte, zu schwach allein gegen Adolf fühlte, so heuchelte er auf einmal Reue, bat seinen Vater um Vergebung und dieser ließ sich anfangs, zu schwach, den wahren Grund seiner Sinnesänderung zu erkennen, leicht verleiten, ihm Glauben zu schenken. Allein sehr bald ward er über seinen wahren Charakter aufgeklärt und so ging er nicht auf sein Ansinnen ein, im Verein mit ihm gegen Adolf zu ziehen. So kam es denn, daß Wilhelm genöthigt ward, seine tückischen Pläne gegen seinen ältern Bruder allein auszuführen. Er bediente sich dazu des Räubers Rindfleisch, der einen persönlichen Groll gegen den Grafen Adolph hatte. Derselbe paßte die Gelegenheit ab, wo der Graf in der Nähe der Burg Bensberg jagte, überfiel ihn mit seinen Spießgesellen, tödtete ihn aber nicht, sondern[16] entmannte ihn blos; allein der Graf starb am nächsten Tage in Folge dieser Verwundung. Sein Bruder Wilhelm hatte aber auch keinen Nutzen von seinem Verbrechen, denn drei Tage nachher, als er sich gerade zu einem Zug nach Berg rüstete, ward er plötzlich vom Schlage getroffen, Rindfleisch aber fiel später dem Herzog von Jülich in die Hände, der ihn rädern ließ.

Der unglückliche Vater ließ die Reste seiner ungehorsamen Söhne in dem Kloster Altenberg in aller Stille beisetzen; keine Inschrift bezeichnet dort ihr Grab. Er selbst aber folgte ihnen sehr bald; am 9. April wurde er seinen Ahnen im 65. Jahre seines Alters beigesellt. Mit ihm erlosch die Fürstenlinie Limburg-Berg; seine Enkelin, das Kind seiner mit dem letzten Grafen von Ravensberg vermählten Tochter Margaretha, brachte die Länder Jülich und Ravensberg ihrem Gemahl Gerhard von Jülich zu, mit welchem für Berg der dritte Jülich'sche Regentenstamm begann.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 15-17.
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