1088. Das Steinigen des Jupiter auf dem kleinen Domhofe in Hildesheim.

[889] (Nach Schulz in Koken u. Lüntzel's Mittheilungen Bd. II., bei Seifart I. S. 123 etc.)


Zum Andenken der abgeworfenen Irmensäule wurde zu Hildesheim seit der Mitte des 14. Jhdts. bis nach dem Jahre 1742 regelmäßig jährlich[889] am Sonnabend vor Lätare, auf dem kleinen Domhofe folgendes Schauspiel gehalten. Es kommt an diesem Tage dahin ein besonders dazu bestellter Bauersmann, der bringt einen langen hölzernen Klotz, eines Mannes hoch, und dabei ein ausgeschnitztes Stück Holz, in Gestalt eines Kegels mit sich, setzt das große Holz auf die Erde und das kleine kegelförmige oben darauf. Dann kommen ein Haufen Jungen und Buben zusammen, werfen mit Steinen und Stücken, daß sie den Kegel, wodurch der Götze der alten Heiden bedeutet wird, herabwerfen mögen. Dann kommen Andere und setzen den Kegel wieder darauf, gleichwie auch die Sachsen ihren niedergeworfenen Götzen oftmals wieder auf- und angerichtet haben, bis endlich Alles in Stücken geworfen oder weggeschleppt worden. Beim Steinigen des Jupiter wurde aber von den Schülern des ehemaligen Jesuitencollegii so viel Unfug getrieben, daß nicht selten schwere Verwundungen vorfielen. Im Jahre 1743 ward also die ganze Sitte abgeschafft und auch die Holzlieferung in eine Geldrente von 19 Gr. 4 Pf. verwandelt.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 889-890.
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