1115a. Die Stadt Einbeck.

[903] (S. Müller u. Schambach, Niedersächs. Sagen S. 17.)


Wenn man in alten Zeiten eine Stadt oder Burg erbaute, ward jedesmal ein kleines Kind lebendig mit eingemauert. So geschah es auch in Einbeck. Als der Bau der Stadt vollendet war, wurde ein anderthalbjähriges[903] Kind mit eingemauert; man legte dasselbe zu dem Ende in eine Kiste und gab ihm noch einen Zwieback mit. Da sagte das Kind: »Nur einen Beck!« Davon erhielt die neugebaute Stadt den Namen Einbeck.

Als die Einbecker den Thurm auf der Rieswort bauten, hatte gerade ein Mann sein Leben verwirkt. Das Leben ward ihm nun zwar geschenkt, allein er wurde auf Lebenszeit in den Thurm verwiesen, um als Wächter die Stadt und ihr Gebiet zu bewachen und die Annäherung von Feinden und Räubern durch Zeichen zu verkünden. Zu dem Zwecke mußte er des Nachts eine Laterne ausstecken. Damit er nun in dem Thurme Gesellschaft habe, wurde ihm eine Henne mit ihren zwölf Küchlein mit hinein gegeben.

In der Münsterkirche ist ein Standbild des h. Alexander. Nach dem Volksglauben hat er in der Kapelle ein Bett, welches ihm die Magd des Küsters täglich machen muß. Am andern Morgen findet sich ein Eindruck darin, als wenn das Standbild darin gelegen hätte und für das Mädchen liegen immer zwei (oder sechs) Groschen da. Macht sie aber das Bett erst am Abend, wird sie mit Ohrfeigen empfangen.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 903-904.
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