976. Ein Teufelsbanner zu Osnabrück.

[817] (S. Hocker, Der Teufel selbst Th. I. S. 90. Röling, Osnabrück. Kirchenhist. Frankfurt und Leipzig 1755 S. 98 etc.)


Im Jahre 1564 war zu Osnabrück ein blinder Abenteurer, mit Namen Simon Möller von Nürnberg (so hat man nämlich seinen Namen vor Gericht abgelesen), eigentlich aber im Hessenlande geboren, oder wie Andere sagen, nicht weit von Mainz gebürtig. Derselbe hat eine geraume Zeit der Jahre her nicht allein hier in Westphalen, sondern auch in Sachsen, Friesland, Herzogthum Cleve und andern umliegenden Ländern viel Affenspiels, ja viel gottlosen Wesens getrieben, mit den armen befessenen Menschen, den Teufel durch sonderliche Exorcismen aus ihnen zu verbannen oder auszutreiben sich beschäftigt, bis daß er endlich sich unter die fromme Bürgerschaft der ehrsamen Stadt Osnabrück eingeschlichen hat. Als er aber allda ohngefähr ins dritte Jahr zu Hause gesessen und seines verfluchten Handwerks weidlich daselbst und in andern benachbarten Städten und Dörfern gepflegt, und also viele arme und einfältige Christen mit dem Scheine göttlichen Wortes, des Gebetes und anderer äußerlicher Ceremonien jämmerlich verführt und betrogen, Niemand aber in allen Ständen (auch unter denen, so es billig hätten strafen sollen) befunden ward, der ein Wörtchen dawider gemunkelt hätte, hat ein gewisser Hocker eine geringschätzige Schrift wider ihn und andere Teufelsbeschwörer gestellt, welche ihm auch endlich den Hals gebrochen, deren Titel war der Bannteufel. Als nämlich dieser Hocker damit im Jahre 1564 den 7. Februar Montag nach Sexagesimä zu Osnabrück angekommen ist, dieselbe einem ehrbaren Rathe zu offeriren, ist Dienstags darnach in Rath gestellt und Folgendes darauf beschlossen worden, solchen Bösewicht daselbst nicht länger zu leiden. Es hat aber zuletzt sein eigen Weib an ihm, der zuvor alle christliche Warnung in den Wind geschlagen, sein eigener Stockmeister oder Büttel werden sollen. Denn als er mit derselben etlichen Geldes halber, so sie ihm heimlich ausgeführt, uneinig geworden war, hat sie ihn freilich aus Eingeben des Teufels, jämmerlich zu erwürgen und sich also an ihm zu rächen vorgenommen. Sie überredete ihn darauf des Abends spät Mittwoch[817] den 9. Februar mit ihr auf den Boden zu steigen, das verlorene Geld, wiewohl er doch blind gewesen, allda zu suchen, aber als sie mit ihm hinauf gekommen, stürzt sie ihn zur Stunde mit Hilfe des Teufels, der sich in schwarzer Mönchsgestalt dabei befunden, zur Dachlucke hinab, ergreift eine Axt mit dem Vorhaben, wie sie ihn gar verstümmeln und mit Feuer verbrennen wollte, hat auch allbereits den Kopf und linken Arm abgehauen und ins Feuer geworfen. Wie aber die Nachbarn solch Getümmel wahrgenommen, auch einen seltsamen Geruch gespürt, laufen sie zu, wie gewöhnlich und ergreifen das Weib auf frischer That, darauf sie denn von der Obrigkeit daselbst ist gefänglich eingezogen worden, und wie sie die That mit allen Umständen bekannt hat, ist sie am nächstfolgenden Sonnabend, der da war der 12. Februar, vor Gericht gestellt und zum Tode verurtheilt worden, endlich ward sie, wie ihre That verdiente, mit glühenden Zangen zerrissen und auf ein Rad gestoßen. Gleichwie aber der Kessel, darin zu den Zeiten des Bischofs Ericus zwei Partheien falscher Münzer zu zwei unterschiedlichen Malen gesotten, an des Raths Wage; die Zangen, damit eine Rabenmutter, so ihre Tochter beredet, ihr Hurkind zu erwürgen und zu zerhauen, nebst der Tochter zerrissen, an den Kack oder Pranger befestigt, also ist auch die Axt, damit dieses Weib ihres Mannes Kopf und Arm auf Beredung des Satans in ihrem Hause in der König- oder Schweinestraße zu Osnabrück abgehauen, nebst der Zange, damit man sie gezogen, erst an den Stamm des Rades, darauf sie auf dem Fledder außerhalb der St. Johannispforte gelegt, hernach an den Kack oder Pranger zu Osnabrück Jedermann zum Abschrecken vor dergleichen Uebelthaten fest angeheftet worden.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 817-818.
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