983. Der Hund auf dem Domhofe zu Osnabrück.

[826] (Poetisch behandelt v. Crane a.a.O. S. 7 etc.)


Herzog Wittekind war in der Nähe von Osnabrück von Karl dem Großen überfallen und geschlagen worden. Schon war er fast von den Verfolgern eingeholt, da rettete ihn die Schnelligkeit seines leichtfüßigen Rosses; es sprang mit ihm über den Wall der Stadt, und die Bürger nahmen ihn wohlwollend auf und ließen ihn dann entwischen. Als dies Karl hörte, da schwur er, der ganze Ort solle für diese Verrätherei an ihm büßen und die erste Person, welche ihm, wenn er in die Stadt einziehen werde, begegnen würde, solle durch seine eigene Hand fallen. Als nun seine Schwester, welche in der Stadt weilte, den Zorn ihres Bruders erfuhr, da machte sie sich auf, ihm entgegen zu gehen und um Gnade für die Stadt zu flehen. Als nun Karl von fern sie kommen sah, bat er Gott, er möge doch ein Wunder thun, daß er nicht genöthigt werde, seinen voreiligen Schwur durch das Blut seiner eigenen Schwester zu erfüllen, und siehe, da stürzte der große Lieblingshund seiner Schwester vor dieser lustig springend auf Karl zu und dieser konnte nun in dem Blute desselben seinen Schwur lösen. Zum Dank für die Gnade Gottes verzieh er den Bürgern und ließ auf dem Domhofe das Standbild des armen Hundes zur ewigen Erinnerung aufstellen, wo man es noch heute sehen kann.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 826.
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