897. Das Unkengestade.

[772] (S. Lyncker a.a.O. S. 134. Poetisch beh. v. Bürger in d. Ballade: Des Pfarrers Tochter von Taubenheim.)


Auf dem Schlosse Falkenstein, am Langenberge in Niederhessen, wohnte ein junger Ritter, welcher in vertrautem Umgange mit der Tochter des Pfarrers in einem am Fuße des Schloßberges gelegenen Dorfe lebte. Einst trat der Ritter eine Reise nach Thüringen an, wo er Güter liegen hatte, lernte dort eine reiche Dame kennen, vermählte sich mit ihr und kehrte nach seinem Schlosse Falkenstein zurück. Der Umgang mit der Tochter des Pfarrers aber war für diese nicht ohne Folgen geblieben. Sie gebar ein Kind, welches sie im Schmerze über die Untreue ihres Geliebten mit einer Nadel tödtete und am sogenannten Unkengestade, einem unter dem Falkensteine liegenden, von Erlengestrüpp versteckten Sumpfe begrub. Die That wurde jedoch entdeckt, die Leiche des Kindes aufgefunden und die unglückliche Kindesmörderin dem Henker überliefert. Die junge Frau des Ritters hatte indessen ein geheimes Verhältniß mit einem ihrer Diener angeknüpft, mit dem sie eines Tages verschwand, um niemals wiederzukehren.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 772.
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