922. Wie Ziegenhain an Hessen gekommen ist.

[788] (S. Winkelmann Bd. VI. S. 383.)


Als Landgraf Ludwig der Friedsame seine Reise nach dem heiligen Grabe antrat, begleitete ihn Graf Johann von Ziegenhain. Als sie nun zusammen in die Nähe von Venedig kamen, da trug es sich zu, daß ein Kaufmann daselbst, den der Graf einst, als er durch sein Land gereist war, hatte fangen[788] und ausrauben lassen, davon Kenntniß bekam. Derselbe hatte zwar mehrmals das ihm Geraubte zurückfordern lassen, allein er hatte nur Hohn und Spott zur Antwort erhalten. Jetzt gedachte er ihn aber festnehmen und als Räuber aburtheilen zu lassen. Da erhielt noch zu rechter Zeit der Landgraf Kunde von dem schlimmen Handel, erlegte eine große Summe für den Grafen, stellte dadurch den Kaufmann zufrieden und rettete jenen aus der Gefahr.

Nachmals hat aber der Graf, da er der letzte seines Stammes und kinderlos gewesen, dem Landgrafen für die vorgestreckten Gelder, wozu ihm dieser noch eine ziemliche Summe gegeben, seine Grafschaften Ziegenhain und Nidda übertragen, mit der Bedingung, daß er und seine Gemahlin ihr Lebtage die Grafschaften ruhig besitzen und diese dann an Hessen fallen sollten, was denn auch geschehen ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 788-789.
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