[814] (Nach Justi, Vorzeit 1827 S. 236, bei Lyncker S. 194.)
Im Lande der Sachsen auf einem Schlosse am Weserstrom wohnte ein Graf Ricpert mit Helmburg, seiner Gattin. Dieselbe war ein Muster von Tugend und Keuschheit, allein nichts desto weniger erregten doch die Huldigungen, welche die Ritter der Umgegend ihrer Schönheit brachten, seine Eifersucht. Zurückgekehrt von einem Feldzuge gegen die Ungarn, wohin er den Kaiser Otto begleitet hatte, warf ihn eine plötzliche Krankheit aufs Lager. Seine Gemahlin, die sich in ihrer Angst nicht zu helfen wußte, erinnerte sich, daß ihr ein Pilger aus dem Morgenlande einmal ein Fläschchen mit einer Arznei gegeben hatte, von welcher er sagte, sie vermöge alle Krankheiten zu heilen, nur dürfe der, welcher sie brauche, keinen Argwohn im Herzen tragen, denn dann erzeuge sie Wahnsinn. Nichts Schlimmes ahnend, reichte Helmburg ihrem Gemahl das Mittel, allein kaum hatte er dasselbe genommen, so begann er zu toben und zu rasen und um sich zu schlagen und verlangte sein Schwert um Alle, die ihm nahen würden, zu tödten, seine Gemahlin nicht ausgenommen. Zwar fiel er schließlich in einen tiefen Schlummer, allein als er erwachte, stieg der Verdacht in ihm auf, seine Gemahlin könne ihn wohl mit der Arznei haben vergiften wollen, um seiner los zu werden. Er beschloß also ihren Tod und ließ den Nachrichter kommen um sie hinzurichten. Die Gräfin hörte alle Beschuldigungen geduldig an und erbot sich zum Beweise ihrer Unschuld die Feuerprobe mit sich vornehmen zu lassen. Es ward also ein Scheiterhaufen auf der Ebene errichtet und die Gräfin eng bewacht und nur mit einem härenen Hemde angethan hinausgeführt. Sie empfahl sich der Himmelskönigin und trat muthig zum Feuer, zweimal geht sie unversehrt durch die Flammen, aber beim dritten Male fällt ein Funken auf ihre nackte Schulter und dies galt dem Grafen für ein Zeichen ihrer Schuld. Zwar war sie streng genommen durch diese Feuerprobe gereinigt, allein ihr Gemahl war nicht überzeugt, er setzte sie also mit ihrer treuesten Zofe gebunden auf einen mit wilden Rossen bespannten Wagen, ließ ihnen die Peitsche geben und so mit demselben fortrasen. Bis zum Mittage dauerte die furchtbare Fahrt über Berge, durch Thäler, Wald und Sumpf, ohne daß die beiden Unglücklichen Schaden genommen hätten. Da hielten die Pferde von Durst gepeinigt an einem Bächlein an und diesen Augenblick benutzten jene, sich loszumachen und von dem Wagen in das Wasser herabzuspringen. Hier kam der Gräfin ein zappelndes Fischlein in die Hand und mit diesem Zeichen stieg sie ans Ufer, sank betend auf ihre Knie und gelobte an dieser Stelle ein Kloster zu bauen zu Ehren St. Johannis. Bald begann auch der Bau, denn sie kehrte nicht wieder zu ihrem Gatten zurück, sondern trat selbst als Nonne in das Kloster ein, das sie zur Erinnerung an das Fischlein, welches sie bei ihrer Rettung in die Hand bekommen hatte, Fischbeck nannte. Noch zeigt man aber im Betchor der Klosterkirche eine alte gewirkte Decke, auf welcher in mehreren Feldern die ganze Begebenheit dargestellt ist.
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Sagenbuch des Preußischen Staats
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