1240. Die Hexe von Schonbulgarde.

[1008] (S. Jahrb. Bd. IV. S. 155.)


Im Jahre 1645 war der nachherige Pfarrer Metz Paisen Hauslehrer bei dem Herrn Jasper von Buchwald auf Schonbulgarde (oder Schobüllgaard) im Amte Apenrade. Da trug sich folgende merkwürdige Geschichte zu. Letzterer hatte daselbst bereits einige Tage lang eine abscheuliche Hexe in Haft, welche bestimmt war, lebendig verbrannt zu werden. Sie wurde über dem Schlafzimmer verwahrt, wo der Hauslehrer und fünf adelige Junker des Nachts schliefen. Diese giftige Vettel nahm der Teufel am selben Mittag und führte sie mit allen ihren Ketten durch den Schornstein fort. Dann warf er sie nieder auf die Hängebrücke vor dem Hofe des Gutsherrn, der an so etwas nicht im Geringsten dachte, gerade in den Weg, ohne daß sie jedoch am Leibe verletzt ward. Da lachte der gestrenge alte Herr Jasper zu solcher Kraftanstrengung des Bösen und sagte auf Holsteinisch: »Wultu Düvel sülvest Bödel sin? Darf ick Meister Viet to Flensborg meen Geld geven?« Diese Worte konnte der Belialsknecht nicht verdauen. Er hob seine Alte, deren Ketten er auf die Brücke herabschüttelte, sachte mit sich in die Luft, und während die ganze Nachbarschaft zusammenlief, stellte der Gottseibeiuns wie im Rade wirbelnd mit der Hexe die wunderlichsten Drehungen und Windungen an. Als er sie lange genug so zerrädert hatte, zerbrach er ihr den Hals und warf den Leichnam weit fort auf die Felder des Herrn Friedrich von Alefeld zu Segaard. Der schrieb alsbald an den Herrn Jasper: »Jasper hael din Aaß van minem Lande.« Aber dieser gab ihm ganz vernünftig zur Antwort: »Heft di de Düvel enen Braden gebrocht, den vartheer alleen!« Auf diese Weise ist denn der Leichnam von den Hunden und Vögeln gefressen worden, da sich von den beiden Herren keiner um des Teufels Krimskrams gekümmert hat.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1008.
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