1332. Schwertmann.

[1074] (S. Bechstein a.a.O. S. 169.)


In einem Hofe, Namens Rothwisch, in der Krempner Marsch, lebte vor langen Jahren ein Raufbold, der es sehr schlimm in allen tollen Streichen trieb und Schwertmann hieß. Der hat für seine Uebelthaten gar lange als Gespenst umgehen müssen, als Feuermann, und hat die Leute geschreckt und geängstigt. Als er gestorben war, sah man ihn auf seinem Leichenwagen wieder nach Hause fahren. Beim Leichenschmause saß er unter den Leichenträgern. Bald guckte er da, bald dort aus einem Fenster, einem Korbe, einer Lucke, mit abschreckender, schrecklicher Fratze. Als Pfarrer und Küster kamen und diesen Geist bannen wollten, warf er ihnen alles Böse, was sie heimlich gethan, laut vor, bis zum Geringsten. Endlich überwand ihn der Schulmeister, der im Ueberwinden Uebung hatte, und trug ihn nun nach dem wilden Moor, ihn zu bannen. Da zischelte ihm Schwertmanns Geist ins Ohr: »Nur nicht zu tief in den Sumpf, hörst Du? nur nicht zu tief!« Als Schwertmann nun dorthin gebannt war, aber eben nicht zu tief, so wandelte er von Zeit zu Zeit als Feuermann herum und schreckte viele Leute. Die größte Pein litt er an seinen brennenden Füßen; wo er Schuhe fand, zog er sie an, weil sie seinen Brandschmerz linderten, es paßten ihm auch alle, nur konnte er kein Paar lange tragen, weil er jedes gleich durchbrannte. Oft bat er selbst Leute um Schuhe, die gleich verschwanden, sobald sie ihm hingesetzt wurden. Endlich hat ein Bäckergesell diesen ruhelosen Geist in einer Kiepe gefangen und sie ins Meer gesenkt, seitdem war Ruhe vor ihm, aber sein tolles Wesen bei seinem Leben und nach seinem Leben, das blieb im Gedächtniß der Leute, und sie sagten sprichwörtlich, wenn es wo recht wild und toll und übel herging, »da regiert Schwertmann.«

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 1074.
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