632. Ein Todter theilt Ohrfeigen aus.

[597] (S. Prätorius, Abent. Glückstopf S. 394.)


Nach der Schlacht bei Pakosch ist ein glaubwürdiger Mann nach Thorn gekommen (28. September 1668) und hat erzählt, er habe selbst mit angesehen, daß auf derselben Stelle wo die Schlacht abgehalten worden, sich ein großes Geschrei erhoben habe und um die Zeit, als der Kampf angefangen mit Schießen, Trommeln und Blasen, man auch die Commandoworte gehört hat: »Tritt näher heran, leg' an, gieb Feuer etc.« Dieselben Worte, die man[597] sonst bei Kriegsaktionen zu hören pflegt, sind auch von einem Diener, der um dieselbe Zeit dort vorbei gekommen, mit gehört worden. Dem ist dann ein Mann nur mit einem weißen Hemde angethan auf einem weißen Pferde entgegengekommen und hat ihn gefragt, wo er hin wolle? Dem hat der Diener geantwortet: »Nach Hause.« Worauf der im Hemde wieder gefragt hat: »was für eines Herren Diener er wäre?« Da hat der Diener geantwortet: »Choraty Brysky.« Dann hat ihn aber derselbe Diener gefragt: »wer er denn wäre und wie man ihn tituliren müsse?« worauf der Gefragte gesagt hat: »das sollst Du bald erfahren! Ich bin der Kosakische Oberst Bulkonyk Skop, bin in der Schlacht geblieben und liege unter der Brücke in den Morast getreten und begehre, daß man mich begrabe, sonst werde ich Keinen vorbeilassen. Mittlerweile solle er das alles seinem Herrn erzählen«, zum Zeichen aber, daß man ihm glauben solle, hat er ihm eine Ohrfeige gegeben, wie jener Mann selbst gesehen, daß jene fünf Finger auch nach vielen Tagen auf des Dieners Backen zu sehen gewesen sind, ihm auch schwerlich je vergehen würden. Derselbe hat nun heimgekommen solches seinem Herrn erzählt, worauf selbiger am andern Tage dahin gereist ist und am erwähnten Orte hat suchen lassen, wo man denn unter der Brücke im Moraste einen sehr zerhauenen Menschen in einem grünseidenen Rocke gefunden hat, mit einem bloßen mit Silber eingefaßten Säbel in der Hand, dem die Finger und das Gesicht aber so zerhauen waren, daß er durchaus nicht zu erkennen gewesen ist.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 597-598.
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