681. Wie ein armer Gesell sich verbürgt hat, sein Weib nur mit guten Worten zu strafen.

[626] (S. Hennenberger S. 482.)


Es wohnte im Lande Preußen eine reiche Wittwe in einer Stadt, die hatte eine schöne Tochter, welche sie aber manchem braven Gesellen versagte, blos darum, daß er sich nicht verbürgen wollte, sie nicht übel zu behandeln, sondern wenn sie etwas verschuldet hätte, sie nur mit guten Worten zu strafen. Wegen diesem ihrem Versagen ward nun die Mutter zur Rede gesetzt und die Leute schalten und fluchten auf sie und gaben ihnen fremde Namen, so nannten sie die Mutter Ruffeteufelin und die Jungfrau Kratzteufelin, worüber jene aber sehr zornig wurden, da sie von gutem Geschlechte und reich waren. Die Ihrigen redeten nun einen armen Gesellen an, der das Seinige verschlemmt hatte, und um des Geldes willen sie heirathete und sich verbürgte, sie nur mit guten Worten zu strafen. Als dieselben sich verheirathet hatten, hielt einer dem andern seine Gebrechlichkeit vor, der Mann aber durfte nichts sagen, denn er hatte sich verbürgt nicht zu fluchen. Die Mutter erlangte auch einen Freier und damit sie der Herrn Befehl erhielt, nahm sie einen Mann, gab ihrer Tochter und Eidam das Ihrige und sie zogen aus dem Hause. Als sie nun abgesondert wohnten, versah sich der Gesell bisweilen und handelte wider sein Versprechen, also daß die Kratzteufelin bisweilen dies durch ausgeraufte Haare und braune und blaue Stellen bewies. Darüber stellten sich seine Bürgen ernst gegen ihn an, die Sache aber ward wieder vertragen. Der Gesell hatte aber seiner Mutter Bruder in der Stadt, einen Magister[626] und Prediger und zu diesem ging er und klagte ihm, wie die Fehler seiner Frau zu groß würden und er, weil er es versprochen, sie nicht curiren dürfe. Der Prediger sprach: »Lieber Neffe, mir ist Dein Unfall leid. Ich hatte wohl vom Anfang an Sorge, so mußt Du ja die Bürgen nicht betrüben und mein Rath ist, daß Du in diesen Sachen ein Pfaff werdest.« Dem Gesellen war solches fremd und er fragte, wie solches geschehen möchte, und der Prediger erzählte ihm alle Dinge und unterwies ihn und ging also hinweg. Da er sich nun einen Tag ausersehen hatte und es sich schicken wollte, gedacht er sein Amt anzufangen, und als die Kratzteufelin, seine Frau, einmal am Sonntag um 8 Uhr noch im Bette lag und schlief, kam der Mann aus der Kirche heim und giebt der Magd ein Scoter, sie sollt' in die Kirche gehen und solle Lichtlein aufstecken und dabei bleiben, bis sie verbrannt wären, denn er habe es also gelobt. Die Magd glaubt es und ging hin, da nahm der Gesell einen Reibtopf voll Butter, setzte ihn ans Feuer und ließ sie heiß werden, goß sie in einen Messingkessel und zog eine weiße Badekappe an und nahm ein rothes Windelband um den Hals wie eine Stola und einen kleinen Sprengel in die Hand und ging also in die Kammer. Sobald ihn sein Weib sah, sprach sie: »So Teufel, bist Du ein Pfaff geworden?« Der Mann sagte: »Adjutorium nostrum in nomine Domini«, und warf das Bett von dem Weib herab und fand sie darin nackend liegen, und hielt sie mit einer Hand fest und tunkte dann mit dem Sprengel in die siedende Butter und besprengte sie, sagend: »Asperges me Domine etc.« Zum ersten fluchte die Frau und behandelte ihn übel, der Mann aber fang für und für: »Asperges etc.« und was dazu gehörte. Als nun die Frau merkte, daß sich der Mann ihr Fluchen nicht annahm, ward sie gefüge und sprach: »Dank habe, mein lieber Mann, thut mit mir, was Ihr wollt, ich habe es um Euch und Gott wohl verdient.« Solche und andere demüthige Worte führte die Frau, indem war aber auch der Gesang aus und der Mann nahm sie in den Arm, daß die Haut an ihm kleben blieb, und küßte sie auf den Mund und sprach: Pax tecum und ging so weg, mehr that und sagte er nicht. Indem kam die Mutter und die Magd aus der Kirche und sie fanden, wie er geweiht hatte, und es blieb also. Nun weiß ich nicht, wie sie es erfahren hatten, daß der Prediger den Gesellen das gelehrt haben sollte. Darum machte nun Frau Ruffeteufelin dem Prediger die ganze Stadt zu Feinde und that ihm viele Schmach an, worüber sich dieser dann einmal in seiner Predigt beklagte, daß man ihm große Gewalt anthue und ihn belüge, und sprach: »So es denn also wäre, daß ich einen armen Gesellen gelehrt hätte, wie er eine Hure sollte fromm machen, hätte ich an solchem sehr unchristlich gehandelt«, und kam in dieser Klage um Entschuldigung, daß er viele Male das fast allen Männern erschreckliche Wort Hure, Hure nannte. Daher nahm ein ehrsamer Rath den Prediger vor, strafte ihn wegen seiner unbescheidenen Worte, vor den Jungfrauen in der Predigt gethan, daß er viele Male Hure, Hure gesagt hätte. Als nun aber der Prediger wissen wollte, wie er solche Personen nennen solle, sprachen sie, er solle sie böse Häute nennen, und der Prediger verantwortete seine Sache wie er wußte. An einem gar löblichen Feiertage sprach er aber in der Predigt: »Ich habe mich gegen Euer Lieben beklagt, wie mich eine Frau häßlich zur Rede gesetzt hat, bei welcher Rede ich vielmal das bittere Wort ›Hure, Hure‹ genannt habe. So hat[627] mich ein ehrbarer Rath um dieser Worte willen gestraft, und mir aufgegeben, so ich die meine, die mich also in übeln Geruch gebracht hat, solle ich sie nennen eine böse Haut. Wahrlich es ist wahr. O sicher ist dies wahr, daß Frau Ruffeteufelin meine Widersacherin eine böse Haut ist, wiewohl sie 40 Jahre von Kreuzherrn, Pfaffen, Rathsherrn und Kaufleuten gegerbt ist, so könnte sich doch der Teufel nicht ein Paar Schuhe aus der bösen Haut schneiden.« Damit fuhr er aus der Stadt in eine sichere Stelle. Dies kam aus diesem Asperge me.

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 626-628.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sagenbuch des Preußischen Staats
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Erster Band
Sagenbuch des Preußischen Staats: Zweiter Band