728. Schloß Filehne und Boleslaw's Handschuh.

[658] (Poetisch behandelt v. San Marte S. 149 etc.)


Nach dem Fall Nakels zog Boleslaw weiter den Netzefluß entlang und eroberte die Burgen Czarnikau und Usczie, nur das starke Schloß Filehne hielt seinen Siegeszug auf. Die Polen stürmten lange vergebens, noch war keine Mauer eingestürzt, keiner der hohen Thürme gefallen, allein auch hier kam den Polen der Hunger zu Hilfe, welcher die Belagerten bedrohte. Boleslaw bekam Kunde davon und indem er vorgab, er wolle unnützes Blutvergießen vermeiden, bot er den Belagerten freien Abzug an, wenn sie ihm die Burg räumen wollten und überlieferte ihnen als Pfand seines Wortes seinen Handschuh. Die Pommern schenkten ihm Glauben und zogen aus der Burg, allein kaum waren sie im freien Felde, da stürzten die Polen über sie her und riefen: »das vergossene Blut und der Tod ihrer gefallenen Brüder schreie nach Rache, was kümmere sie ihres Königs Handschuh?« und so metzelten sie Jung und Alt, Mann und Frau nieder, Niemand entrann. Davon ist in Polen das Sprichwort geblieben, wenn Jemand trotz Bürgschaft, Pfand und Eid sein gutes Recht verlor, ihn mit den Worten zu trösten: »Was hast Du? Es ist der Handschuh Boleslaws!«

Quelle:
Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des Preußischen Staates 1–2, Band 2, Glogau 1868/71, S. 658.
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