[382] 1.
O Ihr Sterne / O ihr Strahlen /
die ihr an dem Himmel leucht /
wann die Sonne von uns weicht!
wie beliebt ihr mir vor allen!
es ist meiner Augen Liecht
schnurstracks gegen euch gericht.
2.
Euer Blitzen / euer Glitzen /
eure Hochheit liebt mir wol:
daß mein Geist verlangens voll
wünschet neben euch zu sitzen.
Daß ich nicht mehr Irdisch wär /
nicht aus Hoffart / ichs begehr.
3.
Ihr vollzieht des Höchsten heissen /
in gehorsams höchstem Grad:
bleibt in seiner Ordnung Pfad
mit dem Einfluß / Lauff / und gleissen.
eures Thun und Lassens Ziel
ist / vollbringen was Gott will.
[383]
4.
Könt solch heiliges Beginnen
auch in mir ereigen sich!
daß ich würkte stätiglich /
wie ihr auf den Himmels Zinnen /
was mein Gott erheischt von mir:
wolt ich mich noch dulden hier.
5.
Nur die Ketten / nur die Bande /
nur der Sünden-Strick beschwer
machen wünschen / daß ich wär
Engel-rein in Gottes Hande /
ganz befreyt der Eitelkeit:
nicht das Elend dieser Zeit.
6.
Zagen / ist bey feigen Herzen;
nur die Kleinmuht wünscht den Tod:
Dapfferkeit kan alle Noht
tragen / sonder Klag und Schmerzen,
Nur / der Sünden Todt zu sehn /
wünsch' ich in den Tod zu gehn.
7.
O ihr Sterne / O ihr Strahlen!
daß ich nicht / wie ihr / auch leucht!
daß der Tugend-Zwang nicht weicht[384]
dieser Leib / und ich in allen
durch der Tugend schönstes Liecht
werd' erhellt und auffgericht!
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Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte
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