Uber Gottes unbegreiffliche Regirung / seiner Kirchen und Glaubigen

[46] Wer kan deinen Sinn ersinnen / unersinnter Gottheits Schluß?

dein' Vnendlichkeit verschwämmt alle Fünklein der Gedanken.

dir ist gleich mein Vrtheil-Liecht / wie dem Meer ein kleiner Fanken.

All mein gründen / ist gegründet im ungrundbarn Gnad enfluß:

Da ich / dir die Ehre gebend / mir auch Hoffnung geben muß.

weil dein' Allmacht ohne End' / ist auch dieser ohne Schranken:

weil die Grundfest nimmermehr / kan auch das Gebäu nicht wanken:

denn dein Ehr erhält' die Spitzen / auf der Gnad besteht der Fuß.

Ach wie kan / was Gottes Hand bauet / hält und schützet / fallen?

kan auch seiner Allhülf steuren / einigs Erden widerspiel?

Aller weltlich Widerstand muß mit Schand zu rucke prallen /

oder Kunst-verkehrt selbst dienen / zu dem Gotterwehlten Ziel.

faß dir tausend Herz / mein Herz! deine Sache treflich stehet /

durch viel tausend widerstand in ihr rechtes Ziel doch gehet.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 46-47.
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