Auf Christus Wunder-Geburt

[107] Seht der Wunder Reichs- Versamlung / in der Christgeburt hier an!

der so mit der Erden-Kugel / wie mit einen Apfel / spielt /

wird im Schoß der keuschen Mutter ein geraume Zeit verhüllt.

In das Glas des schwachen Leibes wird der Gottheit Meer gethan.

Auf daß wir das Leben hätten / wandlet er die Todten-Bahn.

Das uns Vberfluß ergetzet' / er hier lauter Mangel fühlt.

Kurz! diß Wunder-Wunder alles hier auf unser Heil nur zielt.

Dieses Gottes-Werk kan heissen aller Gnaden offner Plan.

Die Herzschönste Eden-Blume / blüht in Winters-ungeheur.

In dem grösten Schnee und Kälte / kommt das heissest Liebes-Feur:

daß es unsre kalte Herzen Lieb-und Andacht-hitzig macht.

Davids-Zweig / hat nun zugleiche / Laub und Blüh' und Frucht gebracht.

Daß der Mensch das Leben hätte / wurd' ein Mensch der Lebens-Fürst.

Seht / wie sehr den Gnaden-Brunnen hat nach unsern Heil gedürst!

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 107-108.
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