Gott-lobende Frülings-Lust

[233] Frühling / Fürst der Jahres-Zeiten / allerschönster Sonnen-Sohn /

Rosen-Vatter / komm herzu! schau / die neubekleidten Wiesen

prangen in der Hoffnungs-Farb: Ach erhebe nächst bey diesen

die Grün-weissen Lauberhütten / deinen Blühgestickten Thron.

Aus den bundten Tulipanen / machdie glänzend Lenzen-Kron.

Ach daß die verliebten West von sich Blumen-Biesem bliesen!

Billich / vor dem Steinern Pracht / Gärten-Schmelzwerk wird gepriesen /

komme / Früling / frölichs Wesen! dir rufft schon mein willkomms-Thon.

Mein' in Ruh verliebte Sinnen / wünschen keinen Hoheit-schein /

als der Sonnen Klarheits-Glanz / seyn in und mit sich vergnüget.

In der Rosen Purpur-Tracht / all ihr Pracht und Hoffart liget.

Bässer ist / als Welt-beherrschen / Tugend ihr Leibeigne seyn

Sorgen frey und Freyheit voll seyn die frischen Kränz der Erden /

hegen süsse Tugend-Ruh: Güldne Regen / Angst-Beschwerden.

Quelle:
Catharina Regina von Greiffenberg: Geistliche Sonnette, Nürnberg 1662, S. 233-234.
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