135. Riesensteine

[167] Man findet hin und wieder greuliche Steine, worin die Male von Händen und Füßen eingedrückt sind und wovon die Sage ist, dieses rühre von Riesen her, die sich vor alters damit geworfen oder darauf gestanden. Ein solcher Stein liegt zu Leipzig beim Kuhturm am Wege, und die Spur einer großen Hand mit sechs Fingern steht darauf gedruckt. Ein andrer großer Stein ist auf dem Wege von Leipzig nach dem Dorf Hohentiegel zu finden, dem Dorfe näher als der Stadt, darauf man eine Schmarre sieht, als wäre sie mit einem Schlachtschwerte eingehauen.

Als Salzwedel vor uralters hart belagert wurde von einem grausamen Feind, der sie doch nicht einbekommen mochte, weil Engel auf der Stadtmauer hin und her gegangen, die Pfeile auffingen und die Stadt behüteten, da erbitterte der Feldherr; und wie im Lager ein großer Stein vor ihm lag, zog er sein Schlachtschwert und sprach: »Soll ich die Stadt nicht gewinnen, so gebe Gott, daß ich in diesen Stein haue wie in einen Butterweck.« Als er nun hieb, gab der Stein nach, als ob er ganz weich wäre. Dieser Stein wurde dem Prätorius an derselben Stelle im[167] Jahr 1649 gezeigt, auf dem Wege zwischen Salzwedel und Tielsen, und er betastete ihn und sah mit eigenen Augen die tiefe Spalte, die er durch die Mitte hatte.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 167-168.
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