478. König Otto in Lamparten

[452] Der König Otto fuhr da mit großem Heer zu Lamparten und gewann Mailand und satzte da Pfenning, die hießen Ottelin. Da der König dannen kam, verwarfen sie ihm seine Münze zu Laster, und er fuhr wieder dar und bezwang sie dazu, daß sie von altem Leder Pfenning nehmen und geben müßten. Da kam eine Frau vor ihn und klagte über einen Mann, der ihr Gewalt angetan hätte. Der König sprach: »Wann ich herwieder komme, will ich dir richten.« – »Herr«, sagte die Frau, »du vergissest es.« Der König wies sie mit seiner Hand an eine Kirche und sprach: »Diese Kirche sei des mein Urkund.« Er fuhr dann wieder in deutsche Land und bezwang Ludolf, seinen Sohn, der sich empört hatte. Und als er nach der Zeit wieder in Lamparten zog, führte ihn der Weg an der Kirche her, die er dem Weib gewiesen hatte, daß er ihr richten wollte um ihre Not. Der König ließ sie rufen und ließ sie klagen. Sie sprach: »Herr, er ist nun mein ehelicher Mann, und ich habe liebe Kinder mit ihm.« Der sprach da: »Sammer Otten Bart!« Also schwur er ihr: »Er soll meiner Barten (Beile) schmecken!« und befahl, den Missetäter an seinem Leibe nach dem Recht zu strafen. Also richtete er dem Weib wider ihren Willen.[452]

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 452-453.
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