504. Der Markgräfin Schleier

[476] Agnes, Kaiser Heinrichs IV. Tochter, stand mit Leopold dem Heiligen, Markgrafen von Östreich, den achten Tag ihrer Hochzeit an einem Fenster der Burg und redete von der Stiftung eines Klosters, um die ihm Agnes anlag. Indem kam ein starker Wind und führte den Schleier der Markgräfin mit sich fort. Leopold aber schlug ihr die Bitte mit den Worten ab: »Wenn sich dein Schleier findet, will ich dir auch ein Kloster bauen.« Acht Jahre später geschah es, daß Leopold im Walde jagte und auf einem Holunderstrauch Agnesens Schleier hangen sah. Dieses Wunders wegen ließ der Markgraf auf der Stelle, wo er ihn gefunden hatte, das Kloster Neuburg bauen; und noch heutigentages weist man daselbst den Schleier sowohl als den Stamm des Holunderbusches.

Quelle:
Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München [1965], S. 476.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen (insel taschenbuch)
Deutsche Sagen
Deutsche Sagen: Herausgegeben von den Brüdern Grimm