1. Ünnermeel

[335] De Wörner Klocken lüd de Prędigt ut.

Se summt ut wider Feern un mank de Im,

De œwert Feld hin drivt vun Blöt to Blöt.

Denn klœtert wücke Wagens langs den Weg:

De Pęr sünd nich to sehn int lange Korn,

Man blot de Köpp, un Minschen achterhęr,

As wenn se sęgeln op en See vun Weten.

So jagt se een na't anner wit vœrbi,[335]

De Schall un Schin vertreckt sik jümmer wider,

Un Allns is wedder still as inne Kark.


Dar sitt en Mäden köhli inne Dörnsch,

Se's ganz alleen, in vullen Sünndagsstaat.

Se sitt un neiht, se kikt ni op un um,

Un ökern geit de Arm ęr op un dal.

Denn knastert jedesmal dat witte Linn',

As reet se't mit de dralle Arm entwei.

Se is ok gar ni bu't vœr Scheer un Natel,

De Schullern quellt, as wull de Sammtjack bassen,

De ęr as gaten op de Hüften fallt,

Un dœr de Backen schint de Lębenslust

Un glänzt ęr ut de düsterbrune Haar.


Se's ok al satt, se lœhnt sik œwern Arm

Un kik dœrt Finster langs dat gröne Korn

Un langs de groten gęlen Rappsaatkoppeln

Int wide Feld, wo noch en Wagen glinstert,

Un wo de Luft sik spegelt as dat Haf

Un Hüs' un Böm sik weegt as inne Wellen.


Man hört keen Starbenslud as blot de Wanduhr.

Dat slöppt int Hus un buten slöppt dat Feld.

Blot wenn in Drom en Höhnerküken stęhnt,

De op de grote Dęl to Middag slapt,

So horkt de Kater oppen Lœhnstohl op,

Un Müppe reckt sik, un de Hushahn buten

Fragt lud wat dat bedü', de Kunsche kullert,[336]

Un ut dat Hunnhus kikt en rugen Kopp:

Doch hebbt se sik mal reckt un all mal japt,

So sackt se wedder ruhi dal to slapen.


Dar sünd keen Ogen apen as de twee.

Doch kikt de ok herut as wenn se drömn

Un wat betrachten inne blaue Luch –

Vellich Gedanken, de int Wide dämmert,

As man wul hett: dat Hart treckt achterna,

De ganze Seel is op en grote Reis'

Un swęvt umher un lett een möd torügg.

So sackt dat Mäden in sik sülbn tohopen,

Dat Kinn in Hand, un stütt de witten Arms,

Un an de brunen Flechten spelt de Fingern. –

Mit eenmal fangt de Husklock an to rasseln

Un sleit in drange Släg' de Middagsstunn:

Dat Mäden tuckt tohop un halt en Athen –

Un stütt sik wedder ruhi oppe Arms.


Doch hett de Klock noch lang ni utvertellt,

Dar springt en Dœr op babent Wiserblatt,

En Mann herut un makt en depen Diener,

En Dremast op, Kneebüxen mit de Spangn:

Denn snappt en Fedder in den Kasten binn',

Un darmit klingt en ole Melodie,

En Menewett ut vœrige Jahrhunnert,

So lud un krus un old un wunnerli,

Man meen de Kneebüx war der gliks na danzen.

Doch merrn inn Triller fleit dat hell un scharp –[337]


Dat keem vun buten œwert stille Korn! –

Noch mal un noch eenmal as vun en Jäger:

Un as en Reh, so fahrt dat Mäden op.

Se buckt sik rasch un tisst sik ut dat Linnen,

De Backen glöht ęr un de Ogen glänzt,

De Bossen geit, man hört dat Hart er kloppen,

Un doch is nix vun Angst in all dat Schrecken,

Denn as ton Lachen krüselt sik de Lippen.

Se süht sik rasch lank Jack un Kleed hendal,

Strakt sik ant Haar un deit en Glup int Spegel

Un kikt noch eenmal langs dat gröne Feld

Mit grote Ogen na en lütten Punkt,

De langs den Fotstig babn den Weten treckt,

Un mit en Jauchzen klappt se inne Hann'

Un flüggt – en Vagel – ut de Sidendœr:

De Wanduhr spęlt alleen vœr Mups un Kater. –


In Hof is Schatten ünnern Appelbom,

De wasst hier hoch as oppe Geest de Böken,

Un Krut un Unkrut hebbt der Dęg un Tier.

Dar is keen Placken, nich en Stręmel Land,

De is besett vun safti gröne Krüder,

De as en Sammtdęk oppe Stücken liggt,

Ut Gröben rankt un langs dat Water krupt,

Um Böm un Port, um Plank un Müern drängt,

Un iwri wasst – bet inne Sidendœr.


Jüs flog se op! un mit Geschrigg de Höhner,

Un Heisters ut de Eschen um de Graff[338]

Un ut de Dœr dat Mäden hell int Füer,

Un sünner Hot inn hitten Sünnschin rin,

– Doch ahn Gewalt, as wat de Vageln makten.

Se swęvt in lichten Schritt de Wurth hendal,

De Brügg herœwer na den Appelhof

Un mank de Büsch un Blöm de Garn hentlank.


Do trę en hogen Burschen rut ut Korn

In korte Jack un mit en Kluwerstaken.

He geit in raschen Schritt noch œwer'n Koppel,

Dweer œwert Stück, bet an den Appelhof:

Nix as de brede Graff is twischen Beiden.

Mit sękern Arms un Ogen sett he an

Un deit en Satz un swęvt na anner Sit.

Twee Arms un Ogen nęhmt em in Empfang.

Dat Glück is still – se treckt sik deep in Schatten. –

Summt dar de Im? Sünd dat de Wörner Klocken? –

Den Sünn liggt hitt opt Feld, in Garn is Schatten,

Dat Korn bewęgt sik lisen op un dal,

Un ut den Blomhof kumt en lisen Flüstern.

Quelle:
Klaus Groth: Quickborn. Volksleben in plattdeutschen Gedichten, Berlin 1968, S. 335-339.
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