5.
An den leidenden Herren Jesum

[97] So gehst du nunmehr hin/ und trägst den Fluch mit dir!

Den König/ dir die Welt zum letzten Abscheid giebet/

Dein Land/ das du vielmehr noch als dich selbst geliebet/

Das dir das Creutz aufflegt: Ach was verzieh ich hier/

Ich seh das Jesus selbst mich zu dem Leben führ/

Doch nur durch Schmach und Tod. Warum denn so betrübet?

Er rufft: Weint nicht um mich/ Ihr die die Buß auffschiebet/

Weint über euch: Der Grimm/ die Straffe kommt nach mir.

Fort dann mit Jesu fort? Last uns weil Zeit/ entfliehen

Ob schon man sonder Creutz aus Salem nicht kan ziehen/

Es zeigt uns dieses Holtz/ was man von hinnen trägt.

Besitze was du wilt/ du wirst noch alles lassen/

Ein Stück ists von dem Creutz/ was dich nur wird umfassen/

Drey Bretter sind/ darmit man dich ins Grab einlegt.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 97.
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