66.
An eben Selbige

[127] So fern/ mein Licht/ von euch/ so fern von euch gerissen/

Theil ich die trübe Zeit in Schmertzen und Verdruß/

Und wünsch all Augenblick daß mir des Himmels Schluß

Erlaub euch bald voll Lust und unverletzt zu grüssen/

Mein Trauren kan ja nichts (wie hoch es auch) versüssen/

Als ihr/ O meine Lust. Wie daß mit schnellem Fuß

Ich denn mein werthes Heyl bestürtzt verlassen muß/

Indem ich einig mag die keusche Schönheit küssen.

Ihr Parcen, die ihr uns das Tag-Register setzt/[127]

Ach führt mich wieder hin zu dem/ was mich ergetzt/

Warum doch suchet ihr mich von mir selbst zu scheiden?

Mein Leib/ ich geb es nach/ sitzt ja in diesem Land/

Die Seele geb ich dir zu fester Treue Pfand;

Bey welcher ich voll Ruh/ ohn welch' ich stets muß leiden.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 127-128.
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