7.
Auff den Sontag deß Felsens deß Aufstehens vnd der Aergernüß/ oder nach der Geburt Jesu. Luc. 2.

[190] O Wunder! Gott ist Mensch/ die Mutter hat gebohren

Die Jungfraw war vnd blieb/ der aller Kräffte bind't

Durch seiner Worte Krafft/ lig't als ein schwaches Kind

Gewindelt in ein Band/ vnd hat doch nicht verlohren

Was Groß vnd Göttlich heist. Der Held vorlängst verschwohrẽ

Dem/ den der Starcke Zwang/ kom't an/ vnd tilg't die Sünd/

Er bauet was zustört vnd was er dürfftig find't

Das hat Er zum dem Sitz der Herrligkeit erkohren.

Wol dem/ so bey ihm hält/ ob schon das blosse Schwerdt

Scharff durch das zarte Fleisch/ vnd liebe Seele fährt/[190]

Er ist der Felß/ an dem ein ieder auff-mag-stehen.

Weh/ weh/ vnd ewig weh dem/ der ihm wiederspricht!

Diß ist der Felß/ an dem er Haupt vnd Hertz zu bricht

Wer an den Stein anstößt/ muß schändlich vntergehen.

Quelle:
Andreas Gryphius: Gesamtausgabe der deutschsprachigen Werke. Band 1, Tübingen 1963, S. 190-191.
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