Barbirer.

[32] Barbirer betriegen 1) Wenn sie Artzeneyen machen /und Leuthe von Kranckheiten curiren wollen, davon sie doch keinen Verstand noch weniger Experienz haben. 2) Wenn sie den Leuthen zu Erlangung ihrer Gesundheit theils verbotene, theils abergläubische Mittel recommendiren / welche offt mit dem grösten Schaden der Seelen verknüpffet sind. 3) Wenn sie bey Annehmung eines Patienten baldige Hülffe versprechen / auch wohl gar Tage und Wochen, einen Schaden oder Kranckheit zu heilen / determiniren / hernach aber / da sie den Patienten einmahl unter ihrer Cur haben, allerhand Ursachen, warum es mit ihren Worten nicht eintreffen könne / vorzuwenden wissen. 4) Wenn sie einen Schaden mit Fleiß arg machen, damit sie lange daran zu curiren haben / und folglich mehr Artzt-Lohn fodern können. 5) Wenn sie unter dem Vorwand / die Pflaster / Uberschläge und Artzneyen kosteten sie gar vieles, den Patienten mehr anfordern / als sie verdienet haben. 6) Wenn sie einen Patienten zu curiren angenommen, und solchen, da sie sehen,[32] daß sie ihn nicht mit Renommée heilen können, wiederum verlassen. 7) Wenn sie einander die Kunden abspenstig machen, und einer den andern, der etwa ein paar Bärte mehr zu putzen hat, stracks mit scheelen Augen ansiehet. 8) Wenn sie versprechen / einen um ein gewisses Geld die Woche zwey oder dreymahl zu barbiren, doch hernach aber kaum einmahl kommen / und zu ihrer Entschuldigung allerhand nichtige Ausflüchte suchen. 9) Wenn sie versprechen selbst zu kommen, hernach aber / da man sie angenommen / und sie einen etwa ein paar mahl barbiret / nur ihre Lehr-Jungen schicken. 10) Wenn sie die Wirthe in grossen Gast-Höfen, wo viele Passagirs einkehren / umsonst barbiren, von den Fremden aber doppelt wieder nehmen, was sie dem Wirth geschencket. 11) Wenn sie aus Nachläßigkeit oder Geitz ihre Scheer-Messer nicht fleißig abziehen / sondern mit ihrem stumpffen Zeug einen zumahl fremden Mann vor sein Geld dergestalt scheren, daß ihme die Augen übergehen. 12) Wenn sie bey Rafirung der Verstorbenen vor das zurückgelassene Scheer-Messer, welches an einigen Orten mit in Sarg geleget wird, 16. ggl. begehren und annehmen, da es ihnen doch nur 2. ggl. gekostet. 13) Wenn sie ihre Scheer-Messer nicht sauber halten, und da sie vorhero einen Finnigten und dergleichen Bart mit dem einen Messer rasiret / solches auch wieder bey andern ohne Unterschied gebrauchen / dadurch aber offt einem das Gesicht verunreinigen. 14) Wenn sie Duellanten und in Händel gerathene, auch mit s.v. Franzosen behafftete Personen, wider den Obrigkeitlichen Befehl /[33] welcher vermag, daß die Wund-Aertzte dergleichen Patienten sogleich der Obrigkeit anzeigen sollen, heimlich verbinden und curiren. 15) Wenn sie die Patienten verwahrlosen, und da sie mercken / daß es einen üblen Ausgang mit ihren Schaden gewinnen werde / solche unter ersonnenen Vorwand / der Patient hätte sich nicht nach ihrer angegebenen Diæt oder sonsten behörig verhalten /verlassen. 16) Wann sie denen Badern / als mit welchen sie eben nicht allezeit in gutem Verständniß stehen / allerley Schabernack anthun, und verkleinern /um ihnen die Kunden abzuspannen. 17) Wenn sie sich vor Feldscherer ausgeben / und entweder gar nicht zu Felde gedienet / oder doch nichts dabey erfahren und profitiret haben. 18) Wenn sie um Gewinsts willen / jedermann / er mag seyn wer er will /er mag kommen wenn er will / es mag ihm fehlen was da will, Ader lassen, und damit die Maladie des Patienten offtmahls mehr vermehren und unterhalten, als derselben steuren. 19) Wenn sie bey Aderlassen die Ader / ehe sie noch angefangen hat recht zu bluten /gleich wieder zubinden / damit sie fein bald fertig werden und das Geld davor bekommen mögen. Bes. ein mehrers unter den Badern.


Mittel: Derer Barbirer Innungs-Puncta darnach einzurichten / daß auf obige Fälle überall Straffen gesetzet /und solche ohne Nachsicht von dem Ubertreter eingetrieben werden.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 32-34.
Lizenz:
Kategorien: