Menschen.

[257] Menschen betriegen insgemein 1) Wenn sie für ihrem Neben-Menschen dasjenige Böse / welches sie zu thun fürhaben / verhalten und verhehlen / auch dergestalt zu verdecken wissen / daß man sich nichts weniger / als eben dasjenige / so sie fürhaben / zu ihnen versehen solte. 2) Wenn sie das vorhabende Böse auch offt mit verstellter Bezähmung ihrer Begierden /zurück und inne halten / daß es nicht eher ausbreche /biß sie zu dessen Ausübung bequeme Zeit, Mittel und Gelegenheit bekommen / immittelst aber sich gegen diejenigen / wider welche sie etwas böses zu unternehmen / gemeynet sind / gar freundlich anstellen. 3) Wenn sie ihre allbereit geschehene böse That auf allerhand Art und Weise zu bemänteln / und sich hier und dar mit Adamitischen Feigen-Blättern zu bedecken suchen. 4) Wenn sie sich anders anstellen / als ihnen ums Hertz ist / und also nach der Lateiner Sprichwort / aliud in ore, aliud in corde, oder Mund und Hertz nicht mit einander übereinstimmend haben. 5) Wenn sie etwas versprechen / und es doch nicht zu halten gedencken / folglich bey ihren Worten bleiben /wie der Hase bey der Trommel. 6) Wenn sie sich als gute Freunde anstellen / in der That aber nur gleich sind denen Katzen / die fornen[257] lecken und hinten kratzen. 7) Wenn sie einander hier und dar / wo sie nur könten / zu helffen versprechen / nicht desto weniger /da man die Hülffe bey ereigneter Gelegenheit von ihnen verlanget / sich mit simulirter Unvermögenheit entschuldigen. 8) Wenn sie äusserlich einen grossen Staat oder sonst viel Prahlens von sich machen / daß man Wunder meynen solle / wie reich sie seyen / in der That aber in Schulden biß über die Ohren stecken. 9) Wenn sie sich grösserer Frömmig- und Heiligkeit anmassen / als in Warheit vorhanden. 10) Wenn sie sich äusserlich für denen Leuten nur um zeitlicher Absichten oder Gewinstes willen fromm und gottsfürchtig anstellen / in der That es aber doch nicht sind. 11) Wenn sie dasjenige Gute / so in ihnen ist / aus Furcht / es möchte ihnen nachtheilig / schädlich oder gefährlich seyn / verhehlen und verleugnen / folglich nach Beschaffenheit der Zeit, Orts und Personen / den Mantel nach dem Wind hängen und temporisiren. 12) Wenn sie / so lange es an Gelegenheit zu sündigen mangelt / still / ehrbar und eingezogen leben / so bald aber diese sich ereignet / und sie in Gesellschafft kommen, nach der verkehrten Welt-Regul: Wenn man unter denen Wölfen ist / muß man mit heulen /alles mit machen. 13) Wenn sie sich höhern Standes ausgeben / als sie sind. 14) An Jahren älter oder jünger machen. 15) Sich fremde Nahmen geben / auch den Nahmen ihres Vaterlandes / oder Geburths-Stadt verändern. 16) Von vielen und weiten gethanen Reisen in fremde Königreiche und Lande / welche sie doch etwan nur in der Land-Charte durchwandert /vieles Aufschneiden[258] machen. 17) Wie ihnen an diesem oder jenem Hofe besondere Gnade und Ehre wiederfahren / vorprahlen. 18) Was vor grosse einträgliche Dienste bey dem und dem Herrn ihnen angetragen worden, sich rühmen. 19) Die Avantures und Gefährlichkeiten / die andern aufgestossen / von sich erzehlen. 20) Sich auf ihren Contrefaiten schöner mahlen oder stechen lassen / als sie sind.


Mittel: 1) Sich wohl hüten und fürsehen vor dem / mit welchem man / zumahlen das erstemahl / zu thun. 2) Das tieffe Verderbniß des menschlichen Hertzens erkennen lernen. 3) Nicht alles gläuben / was man höret. 4) Alles /zumahlen die Geister / wohl prüfen. 5) Sich in Worten nicht gegen jedermann bloß geben. 6) Nicht zu viel trauen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 257-259.
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