Schneider.

[338] Schneider betriegen 1) Wenn sie mehr Tuch / Zeug / Estoff, Taffent / Seide / Zwirn / Kameel-Garn / und so weiter / zu einem Kleide fordern / als sie darzu vonnöthen haben / und hernach dasjenige / was sie übrig behalten / entweder vor sich zu Strümpfbesohlen und dergleichen gebrauchen / oder aber denen Kürschnern und andern wieder verkauffen. 2) Wenn sie bey Annehmung eines Kleides / unter dem Vorgeben, sie wolten Kameel-Garn und Seide selbst holen lassen /und darzu hergeben, die von voriger Arbeit etwa zurück behaltene Töckgen und Faden nehmen / und solche eben so theuer sich bezahlen lassen / als in Kram-Laden. 3) Wenn sie / da man die Zuschneidung eines Kleides gegenwärtig im Hause verlanget /[338] Zeug oder Tuch gedoppelt legen / damit sie dennoch ihren Theil davon bringen mögen / auch auf beschehene Frage: Worzu das und jenes gehöre? tausenderley Vorwendungen / wie sie es da und dorthin verbrauchten / anbringen / in der That aber das bekannte Sprichwort: Hier ein Läppgen / dort ein Käppgen / giebt dem Kindgen auch ein Röckgen / practiciren. 4) Wenn sie ein Kleid zu kurtz oder zu enge machen / und hernach sich damit / sie hätten nicht genug Tuch oder Zeug darzu gehabt / entschuldigen / da man ihnen doch ihre Forderung gegeben / und solche / falls sie nicht ihre Diebs-Griffe dabey gethan / schon würde zugelanget haben, daher auch der seelige Mengering in Scrut. Consc. Catech. c. 21. p. 1547. gar nachdrücklich schreibet: Es giebet / sagende / solche Diebe unter denen Schneidern / die zwar die Mäntel Glockenweit zuschneiden / hernach aber ihnen abnehmen / und also ein paar Ellen / oder drittehalb / davon stehlen / und es für keine Sünde halten / daß sie damit den Mantel verderben und sackhafftig machen. 5) Wenn sie auf Ersuchen / sie möchten mit in den Kram-Laden gehen / und ein gutes Tuch zu einem Kleide helffen einkauffen / den Käuffer zu einem solchen Kauffmann führen / mit welchem sie in gutem Verständniß stehen / und daher mehr auf des Kauffmanns und ihren eigenen Profit, den sie von dem Kauffmann zu gewarten haben / als auf des Käuffers Nutzen sehen. 6) Wenn sie à la mode Kleider / unter dem Vorwand / sie könten wohl damit umgehen / zu verfertigen annehmen / darauf sie sich doch nicht verstehen /[339] folglich den andern, der solche machen lässet / um Geld und Zeug bringen. 7) Wenn sie ihre Arbeit mit weiten Stichen obenhin machen / oder sonst liederlichen Zwirn zum nähen, oder Seide zum rentetiren nehmen / nichts desto weniger aber sichs theurer bezahlen lassen. 8) Wenn sie / wider Obrigkeitliches Verbot / an Sonn- und Fest-Tagen heimlich arbeiten /oder auch unter dem Vorwand / es wäre eine unumgangliche nöthige Arbeit / welche zur Trauer oder Hochzeit gehöre / da doch dieses entweder gar nicht ist / oder sie sonderlich die Hochzeit-Kleider längst vorher unter der Arbeit gehabt haben. 9) Wenn sie das Lehr-Geld von ihren Jungen nehmen / und solchen nicht einmahl zeigen / wie sie ein paar Hosen /geschweige ein anderes Kleid, zuschneiden sollen / ja auch / da sie selbst ein Kleid zuschneiden / selbige nicht einmahl zusehen lassen. 10) Wenn sie das gute Kameel-Garn / Seide / Zwirn / so man ihnen zu einem Kleide giebet / austauschen / und / an statt dessen /alte verlegene Waare darzu nehmen. 11) Wenn sie die von einem Kleide übrig behaltene Stücker und Abschnitte nicht alle zurück geben / sondern die grösten vor sich behalten / unter dem Vorwand / es seyen keine grössere übrig blieben. 12) Wenn sie / da man ihnen selbst Commission gegeben / den Estoff oder Zeug zum Kleide auszunehmen beym Kauffmann /demjenigen / der hernach die Ausnahm bezahlen muß / mehr an Zeug oder Geld anrechnen als sie davor accordirt und dazu genommen haben. 13) Wenn sie alt-verlegenen Schetter oder steiffen Leinwand / den sie etwa bey Wendung eines Kleids zurück behalten /wieder pressen[340] und steiffen / und solchen hernach bey Verfertigung eines neuen Kleides mit dem neuen vertauschen / oder daß sie selbst den Schetter darzu wolten hergeben / versprechen. 14) Wenn sie keine / oder auch nicht eingezünffte Meister sind / und gleichwohl in Städten / Schlössern / und auf dem Lande in ihren oder auch in fremden Häusern heimlich pfuschen und Schneider-Arbeit verfertigen. 15) Wenn sie die Kleider verschneiden, und hernach die begangenen Fehler durch An- oder Zusammenstückung zu verbergen suchen. 16) Wenn sie bey Verchamerirung eines Kleides die güldene oder silberne Dressen im Aufnehen allzubreit ausdehnen / und hergegen das Tuch darbey ein wenig anhalten / oder auch selbige in den Ecken nicht tieff genug einlegen / damit sie von solchen ein gut Theil erübrigen mögen. 17) Wenn sie bey gantz verchamerirten Aufschlägen und Batten oder Taschen-Deckeln das dazu behörige Tuch vor sich behalten / und hergegen an denjenigen Oertgen / woselbst das Tuch vorragen soll / nur schmahle Streiffgen unterlegen / damit es scheine / als ob das Tuch völlig dazu gekommen wäre. 18) Wenn sie bey Knopf-Löchern / welche mit Gold-Fäden sollen überzogen werden, an statt solcher / gelbe Seide unterlegen / und dieselbe nur mit Gold-Fäden überschlingen / damit man sie gleichwol vor gantz gülden ansehen möge.


Mittel: 1) Obrigkeitliche Verordnung / wie viel die Schneider von jedem Manns- oder Weibes-Kleide Macher-Lohn fordern sollen. 2) Ernstliches Verboth wider die Sonntags-Arbeit / solche unter keinerley Prætext zu verstatten / auch / daß darüber fest gehalten / und deßwe gen[341] fleißige Aufsicht geführet werde. 3) Empfindliche Bestraffung derer Diebstals Uberführten / und wider die Kleider-Ordnung / welche fast an allen Orthen zur Unordnung worden / arbeitende Meistere / wovon die Ernestinische Landes-Ordnung P. III. p. 563. nachzusehen ist.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 338-342.
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