Wäysen-Väter.

[440] Wäysen-Väter betriegen 1) Wenn sie die ihnen untergebene Kinder zu ihrer eigenen Arbeit gebrauchen, und sie in Privat-Verrichtungen ohne Erlaubniß der vorgesetzten Inspectorum ausschicken. 2) Wenn sie von dem ihnen anvertrauten Hauß-Geräthe etwas entwenden / und hernach, als sey es ihnen don andern bösen Leuten entzogen worden /[440] vorgeben. 3) Wenn sie von den Mobilien einige Stücke liederlich zerbrechen / und hernach die Schuld auf die Waysen-Kinder schieben. 4) Wenn sie die Waysen-Kinder vervortheilen / und beym Tisch / oder wann sonst gutthätige Leute ihnen was schicken, dem einen mehr als dem andern geben. 5) Wenn sie von denenjenigen Speisen / so den Waysen von guthertzigen Leuten dann und wann geschicket worden, etwas zurück behalten und ihren eigenen Kindern zuwenden. 6) Wenn sie die Allmosen-Büchse aufbrechen, oder sonst auf eine subtile Art visitiren und Geld heraus nehmen. 7) Wenn sie die Allmosen / so ihnen von frembden das Waysenhauß etwa besuchenden Leuten zugestellet wird, verschweigen und für sich behalten oder nur etwas weniges davon hingeben. 8) Wenn sie bey denen Manufacturen des Waysenhauses allerhand Abgang erdichtet anschreiben, und von der ihnen zu verarbeiten gegebenen Wolle oder anderer Materialien etwas unterschlagen / oder geringe Wolle und grob Gespinst gegen die gute Wolle und klares Garn austauschen.


Mittel: Daß man gewissenhaffte verständige Leute zu Inspectoren und Pflegern des Waysenhauses setze / welche Ordnungs-mäßige fleißige Aufsicht über den Waysen-Vater / dessen Treue und Redlichkeit man ebenfalls vor seiner Bestellung vergewissert seyn muß / und dessen Verrichtungen führen.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket von ,-, Dritte Edition, Coburg 1724 [Nachdruck Leipzig 1981], S. 440-441.
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