Scheuben-Schützen.

[84] Scheuben-Schützen betriegen 1) Wenn sie bey ordinairen, zumahlen aber bey solennen Ausschießen, da nach vorhergegangener ordentlichen invitation sich viele benachbarte und fremde Schützen[84] einfinden, die, zum öfftern starck befindende Einlagen, nicht alle der Gebühr nach zum Gewinsten schlagen, sondern davon Unterschleiff machen, damit sie nach Ab-Reise derer fremden-Schützen, für etliche Tage schmaussen können. 2) Wenn sie, zumahlen der Schützenmeister für sich, als von welchen die Veranstaltung dependiret, die Gewinste in höhern Werth verrechnen, als sie würcklich dafür bezahlet haben, und das übrige in ihren Beutel stecken. 3) Wenn sie nach bereits vollbrachten Renn-Schüssen und da schon nach der Stech-Scheube geschossen wird, ihren guten Freunden ohne behöriges Rennen, und wohl noch darzu ohne Einlage, Stech-Schüsse erlauben, à part wann etwa ein, auf ihren Schützen-Hof, anwesender fremder Schütze schon einen glücklichen Schuß in, oder doch nahe an dem centro hat, welchen sie auf alle Art und Weise suchen zu delogiren, demnach allerhand Frey-Schüsse zur Ungebühr noch angeben und solche würcklich verrichten lassen. 4) Wenn sie mehr als drey oder vier Loose nehmen, so viel nehmlichen auf eine Büchse zu belegen erlaubet ist, und zwar zwey Büchsen gehörig mit auf den Schieß-Stand bringen, die sämtlichen Schüsse aber aus derjenigen alleinig verrichten, von welcher sie nehmlichen ihres Schusses versichert seyn, und das andere, den Schuß nicht einhaltende Gewehr nur pro forma vorzeigen. 5) Wenn sie in commission für einen andern ein oder mehr Schüsse übernehmen, solche aber nicht[85] treulich ins Werck setzen, sondern und vornehmlich wo sie sich keines gratials versprechen, oder schon selbsten ihren eigenen Schuß wohl getroffen in der Scheube, und davon einen guten Gewinst zu hoffen haben, neben den centro hinhalten oder wohl gar muthwillig die Scheube verfehlen, dadurch sie also jenem um sein Einlag-Geld vervortheilen. 6) Wenn sie bey dem Schreib-Tisch die getroffenen Schüsse nicht accurat nummeriren, oder wohl gar mit Vorsatz einem und dem andern zu Gefallen die Nummern versetzen und dadurch dem tertio præjudiciren, oder doch wenigstens verursachen daß vieler Zanck und Streit sich entspinnet. 7) Wenn sie den Zieler durch Bestechung auf die Seite kriegen, daß er auf der Scheube eine weite Nummer gegen eine nahe verwechselt. 8) Wenn sie einander unvermerckt das Gesicht auf dem Gewehr verrücken und damit verursachen, daß kein accurater Schuß erfolgen kan. 9) Wenn sie bey Ausmessung derer Gewinste den Zirckul also künstlich zu führen wissen, daß sie desjenigen seinen etwas weitern Schuß, dem sie wohl wollen, für eines andern seinen nähern zuschreiben lassen. 10) Wenn sie bey einem Vogel-Schießen zwey Kugeln zugleich in die Büchse Laden, um durch solche Gewalt das vorgesetzte Ziel desto gewisser zu erreichen oder doch mehrere Spähne abzuschiessen. 11) Wenn sie, da ordentlich niemahlen das Bley auf jede Büchse zum höchsten mehr nicht als zwey Loth schwer erlaubet ist, zweyerley Kugeln führen,[86] (wenn sie nehmlichen würcklich zur Ungebühr schwerer Bley schiessen) davon entweder die eine kleiner, oder gar auf unerlaubte Art und Weise hohl giessen, und von dergleichen Sorten zur Untersuchung und Abwiegung vorlegen, welche betriegerische Kugeln freylich ihr ordentlich Gewicht halten, ein solcher unrichtiger Schütz aber dergleichen Kugeln nicht, wohl aber sein überwichtiges Bley unvermerckt abschiesset. 12) Wenn der Schützenmeister für sich, bey Ablegung seiner Rechnung und in solche ein und andere Artickul einfliessen lässet, wofür er so und so viel in Ausgabe bringet, da er doch wohl zum Theil gar nichts oder doch nicht so viel als er in Anrechnung gesetzet, bezahlet hat, folglich das erübrigte Geld, so er der Compagnie-Cassa verrechnen soll, in seinen eigenen Beutel stecket. 13) Wenn der Zieler für sich selbsten, gegen einen aus Liebe, so gar einen würcklichen Fehler, anweiset, oder sonsten eine falsche Nummer stecket.


Mittel: 1) Daß man überhaupt bey einem wohleingerichteten Schützen-Hof / die Obrigkeitlich confirmirte Schützen-Ordnung fest halte / und darein alle Mißbräuche und Betrügereyen mit angesetzter Straffe inserire und solche ohne Ansehen der Person executire. 2) Jedesmahlen einen qualificirten Schützenmeister zu wehlen / der sein Amt aufrichtig verwalte / und bey Ablegung seiner Rechnung jeden Artickul mit Belegen oder sonsten glaubhafft zu bescheinen / wiedrigenfalls aber seine Rechnung zu defectiren. 3) Daß ein jeder Schütz selbsten auf einander ein wachsames Auge habe. 4) Den Zieler[87] seiner geleisteten Pflicht zu erinnern / und nach wiedrigen Befinden so gleich à proportion bestraffe.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 84-88.
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