Tüncher.

[96] Tüncher betriegen 1) Wenn sie den Kalck zu bald verarbeiten und ihn nicht gnugsam in dem Wasser weichen lassen, wovon hernach derselbe an den Wänden erst ausklüet und lauter kleine Bläßgen daran werden, welche endlich aufspringen und ein gantzes Zimmer beschimpffen und unscheinbar machen. 2) Wenn sie an statt die Wände doppelt mit Kalck zu überziehen, solches nur einfach verrichten. 3) Wenn sie einen Bau oder Zimmer annehmen, mit dem Versprechen, solches bald zu verfertigen, nachhero aber andere Arbeit vornehmen und die erst veraccordirte nicht fördern. 4) Wenn sie anstatt der ordentlichen Weise, nur weise Kalck-Steine nehmen. 5) Wenn sie zu Verfertigung der erhabenen Decken vielen Gips fodern, hernachmahls aber solchen meistentheils entwenden. 6) Wenn sie die Futter an Fenstern, Thüren etc. nur einfach mit Oehl-Farbe anstreichen, an statt solches doppelt geschehen solte. 7) Wenn sie bey Oehl-Farben an statt des Bleyweises, Kreide[96] oder andere Materie nehmen, und wo man das Bleyweiß darzu gegeben, solches bey seite thun. 8) Wenn sie von den Fürniß, so wohl bey Siedung, als Verarbeitung desselben, wie auch von den Farben, Leim-Leder etc. vieles entwenden. 9) Wenn sie an statt der guten und theuren nur schlechte und wohlfeile Farben nehmen. 10) Wenn sie die Decken und Wände nicht nach den Richtscheid gerade machen, sondern nach ihren eignen Augenmaß, welches öffters gar betrüglichich ist, verfertigen, sie mögen nun krum oder gerade werden. 11) Wenn sie bey Anstreichung der Thüren etc. keinen tüchtigen Grund mit der Leim-Farbe legen, welches verursachet, daß die Oehl-Farbe allzu sehr in das Holtz eindringet und desto mehr drauf gehet. 12) Wenn sie die Farben nicht recht zubereiten, daß sie hernachmahls desto leichter abspringen. 13) Wenn sie den Kalck nicht gnugsam mit Haaren vermischen, oder allzu viel Sand darunter mengen oder zu dick antragen, oder auch das Holtz an denen Wänden nicht recht[97] mit den Beil bicken, wodurch es geschiehet, daß der Kalck bald wiederum abfället. 14) Wenn sie, da sie eine Sache überhaupt gehandelt, hurtig und schlecht die Arbeit verfertigen, wenn sie aber Tag-weise arbeiten, sich, da niemand zu gegen, auf die faule Seite legen, damit sie mehrere Tage zu thun haben mögen. 15) Wenn sie, so ferne die Arbeit Tag-weise veraccordiret ist, liederliche Gesellen, die nicht viel arbeiten können und denen sie nicht viel zu Lohne geben, mit in die Arbeit nehmen, von den Bau-Herrn aber sich dennoch den gewöhnlichen Lohn vor dieselben geben lassen, wodurch die Verfertigung verzögert und die Bau-Herrn um das Geld betrogen wer den, die Tüncher aber den Vortheil davon haben. 16) Wenn sie eine Arbeit überhaupt behandeln, nachgehends aber, zumahl, wenn sie schon ziemlich viel vom Lohn hinaus haben, solche stehen lassen, unter den Vorwand, daß sie dieselbe vor das accordirte Geld ohnmöglich verfertigen könnten und dadurch öffters ein mehrers von denen Bau-Herren auspressen.


[98] Mittel: 1) Daß die Bau-Herren mit denen Tünchern einen schrifftlichen Contract aufrichten und alles ordentlich darinnen benahmen. 2) Daß ein jeder Bau-Herr beständig ein wachsames Auge auf dieselbe habe, damit sie alles behöriger massen verfertigen müssen, und nichts entwenden können. 3) Daß man ihnen von den Lohn nicht mehr gebe, als was sie verdienet haben und sie bey Unterlassung der Förderung durch gerichtliche Hand darzu anhalten lasse.

Quelle:
Hoenn, Georg Paul: Fortgesetztes Betrugs-Lexikon, worinnen die meisten Betrügereyen in allen Staenden nebst denen darwieder guten Theils dienenden Mitteln entdecket werden, Dritte Edition, Coburg 1730, [Nachdruck Leipzig 1981], S. 96-99.
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