Siebenter Auftritt

[21] Rosalinde. Eisenstein. Später Adele.


EISENSTEIN. Ist das ein Vertreter! Solch blühender Unsinn hat noch in keinem Gerichtssaal gewuchert![21]

ROSALINDE. Mein armer Gabriel! Acht lange Tage – und heute noch!

EISENSTEIN. Heute noch! Singt. Es muß geschieden sein!

ROSALINDE. Und mit so einem Tenor haben sie dich verurteilen können, die Barbaren!

EISENSTEIN. Sie haben mich mit meinem Tenor gleich dort behalten wollen, und ich habe verflucht zu Kreuze kriechen müssen, bis man mir noch ein paar Stunden Freiheit bewilligt hat, um mit dir speisen zu können. Klingelt. Verdenken kann ich's ihnen nicht: dreimal haben sie mich eingeladen; wer aber nicht kam, war ich!

ADELE mit verweinten Augen, gepreßter Stimme. Befehlen?

EISENSTEIN. Was bedeutet das? Du hast geweint? Doch nicht um mich, Adele?

ADELE schluchzt. Meine arme Tante!

ROSALINDE. Die arme Frau ist sterbenskrank!

EISENSTEIN. Sterbenskrank? Ich habe sie ja soeben hoch zu Esel in die Weinberge reiten sehen.

ADELE für sich. O verwünscht!

ROSALINDE blickt auf Adele. So krank ist sie?

ADELE. Wer weiß, ob ihr der Doktor nicht den Esel verordnet hat?

EISENSTEIN. Eile jetzt in den »Goldenen Löwen« und bestelle ein delikates Souper. Was gut und teuer ist, soll man uns liefern. Adele will fort. Noch eins! Wenn du zurückkehrst, suchst du mir aus meinen alten Kleidern den ältesten, schmutzigsten, zerrissensten und miserabelsten Anzug heraus.

ADELE. Wollen Euer Gnaden betteln gehen?

EISENSTEIN. Nein, aber ich will nicht angebettelt werden in der Gesellschaft, deren Mitglied ich heute nacht sein werde. Vor allem das Souper! Ich will mir heute noch bene tun an meinem Familientische.

ADELE meldet im Abgehen. Herr Dr. Falke![22]


Quelle:
Johann Strauß: Die Fledermaus. Text nach H. Meilhac und L. Halévy von C. Haffner und Richard Genée, Stuttgart 1976, S. 21-23.
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