Fünfter Auftritt

[130] Valere aus dem Hause, und Hanswurst.


VALERE zu Hanswurst. Wo willst du hin?

HANSWURST zornig. Zu ihnen in das Haus hab ich gehen wollen.

VALERE. Ist der Brief übergeben? / wo ist die Antwort? /

HANSWURST. Den Brief habe ich der Lisette selbst gegeben, und die Antwort ist hier im Schnupftuche.

VALERE. Du Narr! was soll die Antwort im Schnupftuche?

HANSWURST. Sie wär mir sonst zu schwehr geworden.

VALERE. Laß sehen! Reißt dem Hanswurst das Tuch weg, hält es mit einer Hand, und sieht hinein. / wo ist sie denn? Ich seh ja nichts.

HANSWURST. Eben flieht sie heraus Stoßt dem Valere das Tuch in das Gesicht.[130]

VALERE zieht den Degen. Was? du verfluchter Hund, das soll dich dein Leben kosten. /

HANSWURST. Zwey Leben oder nichts! meinerwegen lassen mich Euer Gnaden nun schinden, oder machen sie mit mir, was sie wollen. /

VALERE. Ich will meine Hände nicht selbst mit deinem schlechten Blute beflecken, aber es soll dich diese Vermessenheit doch um dein Leben bringen! verdammte Bestie! was hat dich verleitet, mir, deinem Herrn, also zu begegnen?

HANSWURST. Ihr Brief! / wenn sie wollen Henrietten sitzen lassen, was haben sie ohne meinen Wissen von mir der Lisette so schlecht zu schreiben! ist dieß erlaubt?

VALERE. Kerl! du rasest! oder bist du besessen? / wer will Henrietten untreu werden? wer hat der Lisette von dir schlecht geschrieben?

HANSWURST. Sie! es ist nur eine Schand davon zu reden.

VALERE. Erklähre dich deulticher, oder ich durchbohre dich.

HANSWURST. Haben sie mir nicht den Brief an Henrietten gegeben?

VALERE. Freylich hab ich ihn dir gegeben.

HANSWURST. Warum haben sie mir denn nicht vorhero gesagt, daß nichts als Lästerungen darinn enthalten sind, und daß sie dem Fräulein den Abschied geben wollen? und was haben sie in meinem Namen der Lisette zu schreiben gehabt, daß sie der Rost angreiffen werde, und daß sie soll einen Trager heyrathen.

VALERE. Soll ich lachen, oder mich zu todte ärgern? / in meinem Briefe wär etwas dergleichen gestanden? / Kerl! du hast deine ganze Vernunft verlohren.

HANSWURST. Sie, gnädiger Herr! haben sie verlohren! ich weiß gar wohl, was ich thue, ich weiß gar gut, daß ich mich vergangen habe, ihnen das Tuch in das Gesicht zu stossen; aber es ist ihnen recht geschehen, denn dieß war die Antwort, die mir die Lisette auf den schönen Brief, den sie durch mich geschickt haben, gegeben hat.

VALERE. Mich soll das Wetter erschlagen / mich sollen neun und neunzig Teufel hohlen / wenn ich /

HANS WURST. O! das flucht die Gewohnheit aus ihnen. Genug, in ihrem Briefe sind nichts als alle Niederträchtigkeiten von ihnen an das Fräulein, und von mir an Lisetten geschrieben gewesen, mehr kann ich ihnen nicht sagen; die Lisette hat den Brief erbrochen, gelesen, mir mit fünf Finger eine Antwort geschrieben, und ist eben geraden Wegs zu Henrietten geloffen, um ihr das hochlöbliche Schreiben lesen zu lassen.

VALERE. Hier geht Betrug vor! ich eile Henrietten zu sprechen / List oder Gewalt müssen mir dazu verhülflich seyn. Du wirst mir folgen, wenn dir dein Leben lieb ist. Ich bin getäuscht! / die Sache muß sich in Kürze entwickeln! / entweder hat mich sonst Jemand hintergangen, oder du, oder Lisette, Eines von Beyden hat mich betrogen Geht eilends ab.

HANSWURST vor sich. Entweder sind wir Beyde, Lisette und ich, Narren, oder mein Herr ist es allein, aber ich denke, das Letzte wird das gewisseste seyn Geht ab.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 130-131.
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