Siebender Auftritt

[131] Zimmer des Hasenkopfs mit Bethe Hasenkopf im Schlafrocke, Henriette, Lisette, und[131] der Hausmeister, welcher einen Topf, worinn Salz ist, zween Pantufeln, ein Stück Holz, und zween Besen traegt.


HASENKOPF zum Hausmeister. Nur alles hieher, Hausmeister! das müste doch viel seyn, wenn ich mir heute Nacht nicht wenigstens vor der Trud Ruhe verschaffen sollte, entweder soll sie gar nicht herein können, oder wenn sie ja kommt, so soll sie gewiß bis am Tage in dem Zimmer aufgehalten seyn, wo ich sie sodenn erkennen werde. / Ich argwohne nicht gerne, aber was soll es gelten, die Trud, die zu mir kommt, ist das alte Weib, die öfters am Tage bey meiner Hausthüre bettelt; sie hat so etwas trudenmäßiges im Gesichte, und jüngst, als ich sie vom Fenster früh auf der Gasse stehen sah, schien es mir, als ob ihre Lippen noch blutig gewesen waeren. / Also hört mich, Hausmeister!

HAUSMEISTER. Wie gnädiger Herr?

HASENKOPF. Hört mich! das im Geschirre befindliche Salz stellet zum Bethe! habt ihr mich verstanden?

HAUSMEISTER. Euer Gnaden wollen gewiß einen kälbernen Schlegel einsalzen?

HASENKOPF. O! ihr seydt schon wieder ein tauber Esel.

HAUSMEISTER. Ja! wenn euer Gnaden erlauben.

HASENKOPF nimmt dem Hausmeister alles, was er trägt, weg. Gebt her, / die Pantufeln umgekehrt zum Bethe gestellt, ist eine Hauptbewahrung für die Trud; so hat mir heute unser altes Milchweib sagen lassen, und wahrhaftig, die Leuthe vom Lande verstehen dergleichen Spaß. Stellt die Pantufeln verkehrt unter das Beth. / das Salz muß heute Nacht, wenn ich schon im Bethe liege, hin und wieder ausgestreut werden. Stellt den Topf mit dem Salz zum Bethe. / wenigstens vergiß du es nicht Henriette, oder du Lisette! denn heute Nacht müst ihr alle bey mir bleiben, heute ist die dritte Nacht wieder, und die ist immer gar erschröcklich für mich.

HENRIETTE vor sich. Was für Wahnwitz! was für Raserey!

LISETTE heimlich zu Henriette. Lassen sie es gut seyn, wenn er nur bald aus dem Zimmer geht, daß wir von unseren Liebesgeschäften reden koennen.

HASENKOPF. Das Holz muß mitten in das Zimmer gelegt, und um selbes ein großer Creiß mit einer Kohle gemacht werden. Legt das Holz unter das Beth. Alsdenn hört mich wohl, Hausmeister! so bald ihr mich etwa heut Nacht solltet winseln oder sonst schwehr athmen hören, so nehmet alsogleich diese zween Besen, und leget sie kreutzweis innerhalb der Thüre, so kann die Trud nicht hinaus, und wir können sie sodenn beym Tage handfest machen lassen Legt auch die Besen zum Bethe.

HAUSMEISTER. Ja! euer Gnaden! es ist eine harte Sache um die Trud, jüngst hätt sie mir auch beynahe das Herz bey der Nacht abgestossen, und ich hab ohnehin nicht schlafen können, denn ich habe Abends zuvor hundert und dreyßig Schnecken gegessen, und da hab ich geglaubt, es ist aus.

HENRIETTE zu Lisette. Der Kerl spricht fein, so dumm er sonst ist.

HASENKOPF. Du Esel, da hat es dich freylich drucken müssen, aber im Magen, und nicht auf der ganzen Brust und am Halse, wie mich die Trud würgt. Zu Lisette, die heftig lacht. Nu! / was lacht denn die Närrin? ich will ja nicht hoffen, daß du mich etwa auslachest?

LISETTE. Ey bewahre mich der Himmel! ich lache nur von ungefehr.

HASENKOPF. Ja! wie alle Narren, ohne Ursach, nicht wahr?

HAUSMEISTER. Nein nein! ohne Spaß, da brauchts keine Gallerie, da brauchts kein Lachen! in unserm Hause ist es einmal nicht sicher, ich habe schon verschiedene Sachen gehört, und im dritten Stocke im gefüllten Eyrzimmer –

HASENKOPF. Esel! warum nicht gar Eyrschmalz- Zimmer? Billardzimmer heist es, und nicht gefüllte Eyrzimmer! / nu! und was macht es denn dort?

HAUSMEISTER. Wie? was sagen Euer Gnaden?

HASENKOPF. Ich sage, was denn geschieht im Billardzimmer?

HAUSMEISTER. Dort? / nu! dort gehts beym lichten Tage um, es wirft die Stoßkolben, die Hobeln und die Kugeln durcheinander, daß es alles kracht und saußt.

HASENKOPF. Nu ja! da haben wirs! und mir will man es doch verdenken, wenn ich sage, daß es umgeht; aber es wird sich alles geben weil ich nur einmal ein Mittel für die Trud gefunden habe, vielleicht entdeck ich auch noch eines für die Geister. Wenn ich nur[132] heute eine ruhige Nacht hätte, denn morgen muß ich das wichtigste Werk vornehmen, und zwar Henriette deine Vermählung mit dem Heinzenfeld.

HENRIETTE vor sich. Ich Unglückselige! Valere, den ich über alles liebte, ist treuloß geworden, und nun soll ich meine Hand demjenigen reichen, der mir auf das bitterste verhaßt ist, Lisette! dieser doppelte Sturm wird mein Leben scheitern machen.

LISETTE heimlich zu Henriette. Ey ja wohl! lassen sie ihre Lisette für alles sorgen, aus dieser Mariage wird nichts.

HASENKOPF. Was murmelt denn ihr zusammen, gibt es etwa wider die Verbindung etwas einzuwenden?

HENRIETTE. Nein! Herr Papa! sie wissen, daß die Vollziehung ihrer Befehle meine Pflicht ist.

HASENKOPF. Nicht allein die Pflicht, sondern die Liebe selbst muß dich zur Verbindung mit einem so reichen, ansehnlichen und karakterisirten Liebhaber leiten / da kömmt er eben, als ob er gerufen wär.

HENRIETTE vor sich. Dieses hat noch gefehlt, mein ohnehin gequältes Herz neuer Dingen zu martern.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 131-133.
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