Dreyzehender Auftritt.

[292] Alphonsus. Ramiro. Palamedes. Liberata. Rodrigo. Octavius und Tiridates als verlarvte Mohren. Die Königl. Pagen und Trabanten. Der Blut-Richter mit seiner Gesellschafft.


ALPHONSUS.

O Rosen-volle Bahn!

Willkommen liebstes Kind! Sey tausendmahl gegrüsset!

Nun wird die Koloqvinth des Traurens unß versüßet!

Rodrig' eröffn' unß doch die schröckliche Gefahr.

RODRIGO.

Hier bring' ich / grosser Fürst / diß saubre Mohren-Paar /

Das in dem Garten sich an die Prinzeß gewaget

Und dem ich diesen Schatz hertzhafftig abgejaget.

ALPHONSUS.

Jhr Götter dieses Reichs / Jch danck' Euch auff dem Knie

Vor den so starcken Schutz / Es sol Euch spat und früh

Zur schuldgen Danckbarkeit ein Freuden-Opfer brennen /

So lange Portugal wird unsern Nahmen nennen!

Allein wir müssen schaun wer doch die Räuber seyn![292]

Ach Himmel ich erstarr! Mir zittert Arm und Bein!

Wie? Hat Octavius zugleich nebst Tiridaten

Dem König rauben wolln die schönste Liberaten?

Welch Teuffel hat dich doch / Octavius / verblendt /

Daß in diß Unglück du so freventlich gerennt?

Jst diß dein theurer Eyd? Dein Ehrliches Gewissen?

Jst dieser ein Legat? Jhr sollt mir Redlich büssen!

OCTAVIUS.

Großmächtigster Monarch ich laugne nicht die That;

Allein es hat hierzu der freche Tiridat

Durch theurversprochne Schätz' und Hoheit eines Fürsten /

Nach welchem Kleinod offt die klügsten Seelen dürsten /

Mich liederlich verführt / so daß nun leider itzt

Deß Himmels strenge Rach auff meine Scheitel blitzt /

Und meinen Glücks-Stern mir verwandelt in Cometen!

ALPHONSUS.

Es ist in diesem Werck kein Blut-Rath nicht von nöthen /

Weil deß Rodrigo Faust Sie beyd' auff frischer That

Nebst der Trabanten Schaar allhier ergrieffen hat.

RAMIRO.

Die Larven schicken sich sehr wol zu diesem Laster /

Weil schwartzes Meineyds-Gifft hier ist das schönste Pflaster!

PALAMEDES.

So ists; Ein schwartzes Hertz hegt auch ein schwartz Gesicht /

Drumb haben billich Sie der Mohren Schwärtz erticht!

ALPHONSUS.

Holt stracks die Hencker her mit Stricken / Block und Beilen /

Daß diesen Frevlern wir verdienten Lohn ertheilen![293]

RAMIRO.

Wer GOtt und Recht verletzt / der fühl' Astræens Stahl!

PALAMEDES.

Durch diß baut sich ein Fürst des Nachruhms Sternen-Saal.

TIRIDATES.

Wil man der Völcker Recht an den Gesandten brechen?

ALPHONSUS.

Ja! Wann Gesandten Selbst das Recht der Völcker schwachen.

TIRIDATES.

Durch was hab' ich das Recht der Völcker wol versehrt?

ALPHONSUS.

Daß du deß Königs Kind geraubet und entehrt.

TIRIDATES.

Deß Königs Majestät ist hiedurch nicht entehret.

ALPHONSUS.

Auch an den Kindern wird die Majestät versehret.

TIRIDATES.

Beym blossen Vorsatz findt die Straffe keine statt.

ALPHONSUS.

Hat man Euch Beyde nicht ertappt auff frischer That?

TIRIDATES.

Allein es hat die That nicht jhren Zweck erreichet.

ALPHONSUS.

Durch diese Außflucht wird die Themis nicht erweichet.[294]

TIRIDATES.

Es läßt die Themis offt Genade gehn vor Recht.

ALPHONSUS.

Jn diesem Laster ist die Gnade gar sehr schlecht.

TIRIDATES.

Jch bin Schach Sefi Mund / Jch führe seine Waffen.

ALPHONSUS.

Wo Einer sündiget / da ist Er auch zu straffen.

TIRIDATES.

Der Persische Monarch hat mich zu straffen Macht.

ALPHONSUS.

Umb diese Freyheit hat dein Frevel dich gebracht.

TIRIDATES.

Mich hat Octavius zu dieser That verleitet.

ALPHONSUS.

Drumb wird Dir und auch Jhm das Rach-Schwerdt zubereitet.

TIRIDATES.

Man schreibe meinem Fürst! Man höre seinen Schluß!

ALPHONSUS.

Wann du wirst seyn erblaßt!

TIRIDATES.

O bittrer Todes-Gruß!

O strenge Tyranney die auff Gesandten blitzet![295]

ALPHONSUS.

Der Titul ist nun weg / du wirst nicht mehr geschützet.

Vollziehet den Befehl! Jdoch daß Unsre Gnad

Noch dieser Frevler seh / so sol Octavi That

Zum Ersten seyn bestrafft. Laßt den Verräther leiden

Durch der Astræen Strick gedreht auß fester Seyden!

OCTAVIUS.

Ach Gnad' Jhr Maiestät! Alphonsus ach Genad!

Sie bitte doch vor mich / Durchlauchste Liberat!

LIBERATA.

Du hast es nicht verdient!

OCTAVIUS.

Ach Gnade grosser König!

ALPHONSUS.

Die Gnad ist längst verschertzt / die Straff ist noch zu wenig.

Greifft den Verdammten an!

OCTAVIUS.

Jhr schnöden Menschen jhr /

Die Gold und Hochmuth reitzt / bespiegelt Euch an mir /

Laßt doch der Ehrsucht Glantz nicht euren Geist verblenden /

Bleibt Eurem Fürsten treu mit Seele / Mund und Händen /

So trifft Euch keine Rach! Nun grosser Fürst Ade!

Hier ligt Octavius! O Jammer-reiches Weh!

RODRIGO.

Es wil der müde Geist auß seinem Cörper scheiden.

ALPHONSUS.

Laßt diesen Frevler nun auch durch das Richt-Beil leiden![296]

TIRIDATES.

Hier geht Gewalt vor Recht! Jdoch mein grosser Schach

Wird die durch meinen Todt Jhm zugefügte Schmach

Krafft seiner Majestätt nicht ungerochen lassen.

Ach sol dann ein Legat auff diesem Klotz erblassen!

ALPHONSUS.

Ein Mohr / und kein Legat! Gib dich nur willig drein:

Nicht Wir / das Recht strafft dich; Es kan nicht anders seyn!

TIRIDATES.

Wolan so hauet zu! weil ich / Tyrann! sol sterben /

So laß auß meinem Blutt dir einen Purpur färben.

RAMIRO.

Der Abschied klingt sehr wol!

PALAMEDES.

Der Trotz wird nur verlacht /

Der keinen Nachdruck hat und sonder alle Macht!

ALPHONSUS.

Laßt beyde Bestien ins Galgens Abgrund werffen!

Bey grossen Lastern muß man auch die Straffe schärffen!


Die Singende Gerechtigkeit.


1.

O Blinde Sterbligkeit!

O schnöde Sicherheit /

Die Euren Geist regiret /

Wenn Euch Fürst Rhadamant

Mit seiner Höllen-Hand

Zu Sünd und Lastern führet!
[297]

2.

Gedenckt / daß dieses Schwerdt

Auch durch die Risen fährt;

Und daß die Wage-Schaalen /

Wenn sich mein Zorn ergrimmt /

Den Untergang bestimmt

Den schönsten Ehren-Strahlen!


3.

Die Schätze dieser Welt /

Vor denen niderfällt

Die hochgesinnte Seele /

Die lifern eurer Brust

Vor eine kurtze Lust

Deß Henckers Folter-Höle.


4.

Ein Beyspiel zeiget Euch

Jtzt deß Alphonsus Reich /

Wo tolle Ehrsuchts-Flammen

Dem allerklügsten Rat

Wie auch den Tiridat

Zu Strick und Beil verdammen.


5.

Wohin Octavius

Rennt doch dein frecher Fuß

Zugleich mit Tiridaten?

Wo bleibt Eur hoher Witz /

Daß jhr von jhrem Sitz

Wollt rauben Liberaten?


6.

Es wird die Majestät

Des Königes verschmäht

[298] Nicht nur an seinen Glidern /

Mein Stahl wird auch geschleifft

Auff dehn / der sich vergreifft

An Kind / Gemahl / und Brüdern.


7.

Und hier ist kein Legat

Befreyt von Schwerdt und Rad!

Dem allerschönsten Tittel

Reich ich beym Sonnen-Glantz

Offt den Zypreßen-Krantz

Und einen Sterbe-Kittel.


8.

Drumb denckt stets an den Eyd /

Verlacht die Sicherheit /

Bewahret das Gewissen;

Sonst wird eur falsches Hertz

Mit Jammer-vollem Schmertz

Jn Kett- und Feßeln büßen!

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 292-299.
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