Genädigste Durchlauchtigkeiten!

[5] Dje Himmlische Liebe ist eine solche Tugend / welche den Allerhöchsten zum Vater / die Ewigkeit zur Schwester / und die Seraphinen zu Brüdern hat. Jhre sonnenhelle Krone besieget alle Kronen der Welt. Jhre Diamanten sind nicht tödtende Pfriemer / ihre Rubinen nicht geronnenes Menschen-Blut / ihre Schmaragde nicht gefroren Gras / ihre Granaten nicht zornige Feuer-Ballen. Jhr in dem Blutte Christi gefärbter Purpur-Mantel übertrifft Paulinens und Alexanders unschätzbare Kleider. Jhre unverzehrliche Fackel ist der holdseelige Leit-Stern / durch welchen man in das glückseelige Arabien der unvergänglichen Freude gelangen kan. Vor ihrem Scepter erbebet die Welt / erzittert der Tod / erstarret der Teufel. Durch Sie werden die Koloquinthen der bittersten Trübseeligkeiten in süsseste Zucker-Rosen / die kläglichsten Leich-Zypressen in siegprangende Lorber-Kräntze /die erschrecklichsten Folter-Hölen in annehmlichste Paradiese / ja die Hölle selber in einen Himmel verwandelt. Mit einem Worte: Sie ist eine solche Göttin /welche aus Jünglingen Engel / aus Jungfrauen Himmlische Venus-Bilder machet. Denn Christum lieb haben ist besser denn alles wissen.


Genädigste Durchlauchtigkeiten!


Meine SOPHIA, welche nebst ihren Töchtern das Zeitliche dem Ewigen / das Vergängliche dem Unvergänglichen / den kostbarsten Scharlach dem Blute Christi / die prächtigsten Kronen der Krone des Lebens / die süssesten Wollüste dieser Welt der Himmlischen Liebe unsers Erlösers so standhaft nachgesetzet / auch sich allbereit auf dem Schau-[6] Platze ihrem JESU zu Ehren mit grosser Vergnügung gezeiget /schätzet sich numehro glückseelig vor Dehro Erlauchtesten Augen zu erscheinen. Sie hätte sich dieser Künheit nicht unterfangen / wann sie nicht wüste / daß die Seele deß Großmüthigen CHRJSTJANS / der witzigen LOVYSE / deß Tapfern GEORGE WJLLHELMS / und der Holdseeligsten CHARLOTTE ein Tempel der Himmlischen Liebe und Weißheit wäre. Ja Sie würde sich nicht in dieses Heiligthum wagen / wenn sie nicht versichert wäre / daß in Selbten die Ampel der Sanftmuth / und die Kertze der Genaden angezündet stünde. Dehrowegen kniet Sie vor das Altar dehro angebohrnen Hoch-Fürstlichen Leutseeligkeit / mit demüthigster Bitte / sie nebst mir unter die Gnadenflügel Jhrer Jrdischen Gottheit genädigst zu nehmen / und wider alle Pfeile der thörichten Mißgunst mächtig zu schützen! Sie suchet hierinnen nichts anders / alß die Ehre unsers Heilandes; sie wünschet nichts anders / alß deß Hoch-Fürstlichen Liegnitz-Anhaltischen Hauses immerblühendes Wolergehen! Wie nun / Durchlauchtigste Fürsten und Fürstinnen / durch sothane meiner Sophie erzeigende Gnade und Liebe die Liebe deß jenigen / welcher sich aus Liebe vor uns am Creutze aufgeopfert / vermehret / zugleich auch der unsterbliche Ruhm deß Glorwürdigsten PJASTUS erweitert wird: also werde ich hiervor unabläßlich verharren /


Genädigste Durchlauchtigkeiten /


Dero unterthänigster Knecht

Hallmann.[7]

Standes und Würden nach Geehrtester Leser.

Jn diesem Trauer-Spiele wird dir vorgestellet ein Beyspiel ruhmwürdigster Beständigkeit. Das lüsternde Fleisch / die lockende Welt / der dreuende Tod / der schreckende Teufel werden von einer Ohnmächtigen Frau; unschätzbahres Reichthum und Ehre / annehmlichste Wollüste und Geschencke /grausamste Foltern und Hencker von zärtesten Kindern besieget. Mit einem Worte / die himmlische Liebe überwindet die Jrdische. So heftig hat der Geist Gottes in den schwächsten Werckzeugen damahls /alß die ärmsten Christen in den trübseeligsten Verfolgungs-Zeiten statt des Tempels eine Gruft / des Predigstules einen Sarg / des Altares ein häufflein Erde gebrauchen musten / gewürcket! So heftig hat die Liebe gegen dem gecreutzigten CHRISTO zu selbiger Zeit die Christlichen Seelen beherrschet / daß nicht nur behertzte Männer / sondern auch unmündige Kinder und schwache Weibesbilder ieden Augenblick bereit gewesen / ihr Leben vor den zuckersüssten Nahmen JESUS aufzusetzen / und solch Bekäntniß mit ihrem Blutte zu besiegeln! O unüberwindliche Großmüthigkeit! O unvergleichliche Weißheit! Gewiß wehm solche hertzbrechende Beyspiele nicht durch die Seele dringen / den muß wohl ein Arimaspischer Wolf und Hyrcanischer Tyger gesäuget haben. Jch beklage nur / daß meine Feder sich zu unvermögend befindet / diese so heilige und beständige Liebe gegen unsrem Erlöser nach Würden abzubilden! Sonsten ist die Historie von der SOPHIA aus den Kirchen-Geschichten bekant / und dehrowegen unvonnöthen /dißfalls Asiatische Wort hiervon zu machen.[8] Jedoch werden meine Anmerckungen / welche ich nebst allen meinen in diesem Trauer-Spiele sich ereignenden Erfindungen und ungezwungenen Ein-Monatlichen Arbeit deinem witzigen Urtheil unterwerffe / das jenige hin und wieder mehr erleuchten / was in gebundener Rede nicht geschehen mögen. Wie nun verhoffentlich diese in ihren JESUS hertzlich verliebte SOPHIA dir grössere vergnügung alß etwan eine unzüchtige Messalina erwecken wird: Also laß Uns /Mein Leser / bemühet seyn / (weil wir zwar in Jrdischen Sachen scharffsichtige Luchs- in himmlischen aber nur verblendte Maulwurffs-Augen haben /) die himmlische Weißheit in diesem Thränen-Thal durch beständigen Glauben / Hoffnung / und Liebe iederzeit dermassen zu suchen / damit wir dermahleins aus dieser Streitenden in die Triumphierende Kirche freudig eingehen / und von dem Könige aller Könige die unverwesliche Ehren-Krohne / womit allbereit SOPHIA nebst ihren Kindern geschmücket ist / glückseeligst empfangen mögen. Lebe wol![9]

Quelle:
Johann Christian Hallmann: Sämtliche Werke. Band 2, Berlin und New York 1975, S. 5-10.
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