Das III. Capitel.

Von Geburt / Lauff / Leben / Wandel / Studieren /Propheceyungen und Tod / deß hocherleuchten Gottseligen Mannes Doctoris Martini Lutheri, teutschen Prophetens.

[23] V.D.M.I.Æ.


Gottes Wort / Lutheri Lehr /

Vergehet nun und nimmer mehr.


Hans Luther / ein Ehrlicher frommer Bergkman / vom Dorff More / bey Schmalkalden gelegen / den Gott wegen seines treuen fleisses in der Welt gesegnet / so von ernanten Ort More nacher Eißleben gezogen / hat zu Manßfeld zweene Schmeltzöffen unter seinen Händen gehabt; Der hat Anno Christi 1483. zu Eißleben einen Sohn von seiner lieben Haußmutter Margaretha erzeuget und gebohren / denselben in der H. Tauff /weilln er gleich an Sanct Martini Abend gebohren worden / [23] MARTINUM heisen lassen; Seine Eltern haben ihn fleißig in Gottesfurcht nach der Vermahnung Pauli aufferzogen / zur Schulen gehalten / und als er 14. Jahr seines alters erreichet / Anno Christi 1497. nach Magdeburg gethan / von dannen Anno Christi 1498. nach Eißleben: Endlich ist er auff die Hohe Schul nach Erfurt kommen / geschehen Anno Christi 1501. alda im 22. Jahr seines alters in Magistrum declarirt und erkläret worden / und weiln in diesem Jahr sein contubernalis erstochen wurd / auch ein schweres Gottes Wetter ihn sehr betrübete / hat er sich verpflichtet / aus Furcht und Schrecken deß Jüngsten Gerichts / und ohn alles wissen und belieben seiner lieben Eltern / Gott in einem Kloster zu dienen /wurd erstlich ein Kirchner / muste cum sacco per civitatem gehen / und colligiren, doch ehe er profes thät / musten sie ihm eine Lateinische Bibel verehren:

Als nun die Universität seinen Fleiß vermerckte /erledigen sie ihn bey seinem Convent deß ümbgehens / darauff wird er Anno Christi 1507. Priester / meditirt und lieset fleissig Tag und Nacht in der H. Bibel /daß ihm auch solche eine Zeitlang wieder genommen worden / weiln er seinen Leib mit Fasten / Beten und Studieren / sehr abmattete / es tröstete ihn auch offtermals sein alter Beichtvater / und wiese ihn auff das theure verdienst JESV CHRISTI unsers HErren.

Als nun bald hierauff D. Staupitz unb Mellerstadt /auff Befehl Hertzog Fridrichs die Universität[24] zu Wittenberg anrichteten und gelehrter Leut bedurfften / erkieseten sie durch Göttliche Providentz, Anno Christi 1508. diesen Martinum, welcher balden anfieng sich wider die Sophisterey zu legen / und starck dawider zu disputiren: Er blieb allein bey der Propheten und Apostel Schrifften / daß Doctor Mellerstadt / welcher in dreyen Facultäten domals Lux mundi war /selber sagte / dieser würde die Römische Kirch reformiren, denn als er sahe daß man den Leuten den Himmel und die Seligkeit ümb Geld verkauffen wolte / hat er mit den Schneebergischen Bergkman / solches nicht wollen paßiren lassen / sondern sich hefftig / als der letzte Helias darwider gelegt / und seine propositiones angeschlagen.

Anno Christi 1512. ist ihm von seinen Vicario und gantzen Convent im Garten unter einen Baum das Doctorat angetragen worden / er schlugs aber glimpflich aber / sprach / ich bin ein krancker Bruder / werde nicht lang leben / es konte aber anders nicht seyn; Sein Gnädiger Herr Churfürst zu Sachsen gab aus seiner Rennt-Kammer zu Leipzig das Geld darzu her / darzu wurd er legitimè an S. Lucas Tage promoviret; da kurtz zuvor von Röm. Keyser Maximiliano und Bapst zu Rom die Universität confirmiret ward /Doctor Staupitz verordnete / daß er über den Tisch an statt Augustini Bücher / die H. Bibel lesen solte / er Martinus tröstete sich in Widerwertigkeit seines ordentlichen Beruffs / wie er denn einen betrübten Münch im Kloster Memmingen / einsmals[25] also zugesprochen / Christi Verdienst sey unser / und unsere Schuld deß HErren Christi / so er mit seinem Leiden und Sterben auff sich genommen hette. Mathesius.

Es vermeinte zwar D. Staupitz / es würde ein Einsiedeler die reformation verbringen / so thut es ein Augustinez sprach er / Item: Johann Reineckel der treffliche gelehrte Mann / tröstet und stärcket Lutherum als er unterwegs war / nach Wormbs und auffm Reichstag zog; Vnd Keyser Carl sprach / diese Lehr mus mehr Grunds haben / als iemand gläuben möchte: Es sagte auch Keyser Maximilianus, zum Degenhart Pfeffinger / er solte Churfürst Friedrichen vermelden / diesen Münch wol zu halten / denn man seiner bedürffen möchte. Dresserus.

Der gelehrte Man Erasmus Roterdamus, welcher tempore Lutheri unterm Bapstumb vor den gelehrtesten geachtet wurd / bekennete selbst öffentlichen / in D. Luthers Schrifften sey mehr Verstands und Grunds in einem Blat / als in allen Scotisten und Sophisten: Ja der Hochgelehrte Man Philippus Melanchthon giebt Herren Luthero das Zeugnüß / daß er omnia in omnibus sey. Mathesius.

Alphonsus Keyser Carls Cantzler / spricht einsmals zum Herrn Philippo: Man hat von Lutheri Religion bey uns in Spanien viel anders gesagt / weder sich befindet / nemlich man gläube nicht an Gott /noch an die H. Dreyfaltigkeit / viel weniger halte man von der H. Jungfrau Maria etwas: Hertzog Wilhelm[26] in Bäyrn sprach zum D. Ecken / man hat uns vorhin also nicht gesagt / von der Lutherischen Religion; wie dann auch die O. Doctores klar vermeldeten / so solche refutiren sollen / ausser der Propheten und Apostel Schrifften / wüsten sie solche Lehr nicht zu widerlegen. D. Lauterbach.

Keyser Maximilianus sagte zu Nördlingen / als er von der Wahl zu Franckfurt dahin kam / übern Tisch /wenn ich von meiner Religion ablassen solte / so wolt ich Lutherisch werden / die behalten doch die Teutsche Meß und glauben recht vom Sacrament. Math.

Martinus Polichius Mellerstadt / Rector der Universität zu Wittenberg hat der Studierenden Jugend anbefohlen / diesen jungen Münch Lutherum zu respectiren, und auff ihn acht zu haben / denn / sagt er /der wird alle Doctores zu schanden machen / die gantze Kirch reformiren und bessern / weiln er allein auff die Schrifften der Propheten und Aposteln bauen thut. M. Hainichen.

Ein grosser Mann zu Wien bekante / er und seine Collegen hetten die Zeither nicht gewust was das medium in Syllogismo were / bis er Herrn Philippi Melanchthonis Dialecticam gesehen / und als man auch zur Zeit dieselbige in Welschland druckete / hat ein junger Münch zu Venedig diese Wort lauffen lassen /wann es ohne dieses Buch were / wüste ich armer nicht wie ich solte selig werden / ach mein Gott / beschere mir der Bücher mehr: Als auch das Vaterunser[27] Lutheri außgelegt / ohne wissen deß Autoris und in welsche Sprach gebracht ward / spricht ein Ordinarius: Gesegnet ist der Mann / der diß Vater unser ausgeleget und der es drucken lassen und lesen thut. Ja es sagte Bischoff Langer zu Saltzburgk / unter andern Reden / als er etliche Sachen derer von Wittenberg gelesen / man sag was man woll / so hat es gleichwol gelehrte Ebentheurer zu Wittenberg / wil man ihnen was anhaben / so mus man bey uns auff gute Schulen bedacht seyn Mathesius.


Mors certa est, in certa dies, bora agnita nulli:

Extremam amid circo qvamlibet esse puta.


Herr D. Menius schrieb auff eine Zeit an Herrn D. Luthern / wie ein Prior zu Reinhartsborn / so fein sanfft eingeschlaffen were / denn als er kranck gelegen / und etliche junge Brüder bey ihm wacheten /spricht der Prior, ach wie druckt mich die gantze Welt / und alle Creaturen sind wider mich / ach Vater spricht der Münch / seid ihr doch viel frömmer gewesen / als unser keiner / js sagt der Prior diß bestehet alles nicht vor Gottes Angesicht / etiam per ditè vixi, aber Christus der gecreutzigte / der ist mein Testament und Gerechtigkeit / drauff lischet der gute Prior aus / wie ein Licht / da saget D. Luther / das ist auch einer so im Bapstumb seliglich gestorben ist. Mathe sius in Vita Lutheri.


Sit tibi præcipue qvod primum est cura salutis.


[28] Andreas Proles Augustiner Ordens Provincial zu Leipzig / in Meissen / welchen Lutherus zu Magdeburg als ein Knab damals gesehen und gehöret / hat offt zu seinen Ordens Brüdern gesagt / die Kirche bedarff einer starcken reformation, und ich sehe daß sie allbereit vor der Thüren sey / denn deß Bapsts Reich welches all zu hoch gestiegen / nunmehr fallen werde / als er aber vermanet wurd / er solte sich lassen darzu gebrauchen / sagt er / ich bin nun zu alt / und unvermögent / es wird aber Gott einen erwecken und darzu ausstaffieren / welcher die Bäpstischen Mißbräuch /mit heldenmuth ausrotten wird / ümb solcher Weissagung willen / hat ihn der Bapst in Bann gethan Daniel. Hainichen.


Nomen Lutheri inventum ante Lutherum.


Es denckt Philippus Theophrastus Paracelsus, daß Keyser Friederich Barbarossa, im Hertzogthumb Kärnden / eine Kirche gebauet / dieselbe mit schönen Bildern in Stein gehauen / geschmücket / unter denselben ist eines / in Form und Gestalt eines Münchs gewesen / mit einem Strick ümbgürtet / mit blosen ungedeckten Haupt / wie die Münche pflegen zu gehen / über welches Haupt denn die grossen Buchstaben sind befunden worden: LUTHERUS. Was nun dadurch verstanden worden / kan ein ieder selbst abnehmen. Theophrastus in Compendio. Crusius annalium Svevicor. part. 11. pag. 473. Chronica Carinthiac. lib. 7. folio 811.


[29] Hosti ne fidas: ab eo reverenter haberis

Qvamlibet, infidias tîtamen ille struit.


Doctor Luther wird einsmals zu Gast gebeten / zu frembden Leuten / als er heim kommen / ist ihm Angst und Wehe worden in seinem gantzen Leib /endlich floß von ihm ein unlustiger Schweiß / bekam einen Schnuppen / troffen ihm die Augen und ein schlammiges wesen rann ihn aus den Ohren / brach sich auch recht und mit grosser Beschwerung / und war kein gang am Leib / so sich nicht eröffnet hette /das war eine anzeigung beygebrachtes Giffts. Mathesius.

Als er auff eine Zeit von einem aus Eyfer abcontrafeit / uffm Aldenberg verbrennet wurd / kömpt der Mann endlich / als er sich zur Evangelischen Religion bekennete / gen Wittenberg und erzehlet es Herren Luthero / bittet ihn umb verzeihung / welches ihm auch willig und gerne verziehen ward. Mathesius.

Ihr viel haben ihr Heil versucht an ihm Ritter zu werden / aber wann sie es auffs klügste griffen an / so gieng doch GOtt ein andere Bahn: Sie haben ihn gedacht mit Büchsen und Gifft ümbzubringen / wie dann gethan Michel Jud von Bosen / Item: Man hat auff eine Zeit / einen Ausländer in seiner Küchen stehend angetroffen: Ja: Es hat einer ein Zündbüchsen in Ermeln getragen / ihn vor den Kloster angesprochen /warümb er so allein gehe / da sagte Doctor Luther: Ich stehe in Gottes Händen / der ist[30] mein Schutz und Schirm / darüber dann der Meuchelmörder erschrocken und stillschweigend darvon gangen. Mathesius.


Fer patienter onus, neque te pia sarcina lasset,

Unde manet reqvies, fer patienter onus.


Die Spectra haben ihn manchen Vnlust gemacht wie denn der böse Geist / in seinem Pathimo ihm viel Polterns getrieben / als wolte er alles in einen hauffen brechen; Zu Coburg hat er sich in eines Sterns gestalt ihm sehen lassen / in seinem Garten / als eine Wilde Sau.


M. Fabian Heidon:


Feri qvod potui, potui qvod Christe dedisli,

Improba fac melius si potes invidia.

Tu DEUS hoc factum modò fac sit ut utile factum,

Et bene sit factum dic, bene semper erit.


Zu verwundern ist es / daß D. Luther vor dem gantzen H. Römischen Reich / vor Keyser / König / Fürsten / Cardinälen / Bischoffen / Prælaten / Graffen und Herren wegen seiner lehr öffentlich gestanden /und ihm doch niemand etwas thun können; Zu verwundern ist es / daß er viel Länder / Königreich / Fürstenthümer / Graff- und Herrschafften / mit seiner Lehr / mit schreiben / lehren / predigen und unterweisen reformiret und zum rechten Weg Israelis befördert hat. D. Lauterbach in Aug. Conf.


[31] Ich lege Neid und Hassen

Bestendig unter mich /

Vnd setze thun und lassen

Allein mein Gott auff dich.


Anno Christi 1535. am Sontag Trinitatis im 42. Jahr seines alters / hat sich Herr Lutherus im H. Ehestand eingelassen / mit Catharina von Boren / ist zu Wittenberg copuliret worden / und im Ehestande fünff Kinder erzeuget / seiner Söhne einer wurde D. Medicinæ, denn ein Priester sol ein Weib haben. 2. Tit. 3. Er ist am Tag Concordiæ 18. Februarii Anno Christi 1546. zu Eißleben / Abends ümb 10. Vhr selig verstorben / und zu Wittenberg beygesetzet wor den. Mathesius.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 23-32.
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