Das XXXVIII. Capitel.

Von Wetterhanen / Fuchsschwäntzern und Maul-Christen.

[435] Hoffart und Sicherheit /

Bringn den Menschn all Hertzleid.


Der Heucheler Ecebolus hielt es mit einem iedwedern Menschen / unter dem Keyser Constantino wolte er ein eyferiger Christi seyn / unterm Keyser Juliano dem Mammelucken war er ein Heyd / nach diesem wolt er sich wieder zum Christenthumb wenden / endlich aber wachete das bellende Hündlein an der lincken Brust auff / daß er nicht wust vor Gewissens Angst was er thun solte / schriere mit heller Stimm / conculcatema[435] sal fatuum, zutretet mich thummes Saltz / darbey sich alle Wetterhanen und Maul-Christen wol spiegeln sollen / bey der Religion gelten solche ansflücht nicht / wo sol ich hin / ich hab kein Pfenning in Händen /wo ich naus komm gibt man mir nichts / oder ich kan im Lande nicht herumb vagiren / wie dieser oder jener / oder ist doch dieses Gebetbuch nicht viel anders weder das vorige / oder wird dieser oder jener nicht verdambt / so wil ich auch wol bleiben / oder was mein Herr gläubt das gläube ich auch / oder was solcher Ecebolischen reden mehr sind / der Herr Christus hätt auch wol sagen mögen / was sol ich bey bösen Buben auff der Welt machen / ich wil in meinem Himmel bleiben / das heist nicht / ey du getreuer Knecht / derwegen wird er auch nicht eingehen zu seines Herren Freude. Saxo & Funccius. Tragius in 20. Trostpr. D. Fabric. pag. 275.

Doctor Luther sel. beschreibt solche Heuchler nach den stuffen wie man von einer Staffel zur andern steiget / Color heist der / spricht er / der da ist ein Ohrenkratzer / Tellerlecker / Heuchler / der ümbs Bauchs willen gern red was man haben wil / Sycophanta ist der so verräth und verkaufft / alles was er höret unn sihet / ein rechter verleumbder / so den grauen Rock verdienen wil / Cacoethes ist der so muthwillig und wissentlich ohn alle scheu alles böses thut. Zur andern Zeit fragete er / wie man eigentlich das Wort Hypocrita verteutschen solte / denn Heuchler ist fast zu gering /[436] denn er nicht allein ist der da liebkoset / sondern der auch betreugt und schaden thut / unterm schein der heiligkeit / denn gedichte heiligkeit / ist zwiefechtige Boßheit / sagt Hieronymus. Tischreden Lutheri. pagina. 299.


Habet suum venenum blanda oratio.


Als Marcus Furius Camillus Röm. Kriegs-Fürst er wehlet ward / und durch ihm die Stadt Faleria belägert / führete der Schulmeister dieses Orts leichtfertiger / heuchlerischer weiß / der vornemhsten Bürgere Kinder aus der Stadt / der meinung dem Camillo als Generalen solche zu überliefern / auff daß er hernach von deren entledigung von ihren Eltern ein grosses stück Geld erheben möchte / aber Vntreu traff seinen eigenen Herren / Camillus ließ durch die Kindere dem Schulmeister die Hände auff den Rücken binden / und sie Ruthen in die Hände nehmen / solchen wieder in die Stadt hinein hauen / schickte auch gutwillig alle die Kinder wieder in die Stadt / und erhielte durch dieses daß ihm die Stadt übergeben wurd. Qvi semel scurra, nunqvam bonus Paterfamilias. Liv. lib. 5.

Sabio war ein rechter Fuchsschwäntzer und Speichellecker Ioseph. lib. 15. cap. 13. deren Dionysius der ältere auch viel ümb sich hielte / die alles vor köstlich Ding rühmen konten / wenn es auch das höchste[437] Vnrecht war / Gesellen die sich höfflich bücken konten und einem die Hand darreichen biß an Ellebogen / denn Practica est multiplex, qvi ignorat est simplex. Welt ist Welt und bleibt Welt. Chr. Ge.


Ne loqvaris ad gratiam.


Trajanus der Römische Keyser kunt keine Fuchsschwäntzer ümb sich leiden / ließ männiglichen vor sich selbsten kommen / ungeachtet er Keyser war /verabschiedete die Leut gebürlichen / als ihm seiner Räth einer derwegen zusprach und sagete / er machete sich dardurch gar zu gemein / er würde sein Authorität verlieren / da sprach er / ich wil mich also verhalten / wie ein frommer Keyser / sich gegen seinen unterthanen verhalten sol. Concordiæ nutrit amorem. Chron. Ge. In l.c.

Solche Wetterhanen und wanckelmütige Leute waren auch vor Jahren Adam Neyser / so endlich deß Türcken Spachi oder Dolmetscher war / und letzlich in verzweifflung drüber hingieng / Rotmannus wurd ein wiedertäuffer / Pedemontanns nahm die Beschneidung an / daß auch ein Türckischer Legat auff eine Zeit sagete / wenn alle Calvinisten aus Teutschland vertrieben würden / und zu uns fliehen thäten / solte die Turckische Lehr wol ausgebreitet werden. Matthæus Tragius in 20. Trostpr. Polycarpus Lys, cap. 8. Gat.


[438] Qvalis qvæqve arbor, tales solet edere fructus.


Ein Jüd disputirte auff eine Zeit mit einem Christen / was doch Vrsach wäre / daß so viel arme Krüpel Lame / Blinde und Betler unter denen Christen wären / als nun der Christ solches wissen wolte / sagte der Jüd / daß keine andere Vrsach wäre / als daß die Christen nur Maul-Christen wären / nicht Treu und Glauben hielten / viel falsche Eyd schwüren / und Gotteslesterung wider ihren Gott verübeten.

Anno Christi 1290. hat der Pfaff von Kalenberg und Reineå Fuchs gelebet. Crantzius. Hagecius.

Keyser Constantinus wurd beym Romano Lacopeno also angegeben und verfuchsschwäntzet / daß er vom Keyserthumb abtreten must / und in solche noth gerieth / daß er auch die Mahler-Kunst sich zuernehren treiben muste / aber das Glück wolte ihm so wol /daß er wieder zum Reich ist erhoben worden / dz es wol nach dem Reim heiset:


Itzt frölich Zeit / bald Traurigkeit /

Itzt reich und satt / bald angst und noth /

Itzt frisch und gsund / bald kranck und todt.


Von Julio Cæsare lieset man / daß er als ein Heyd auff eine Zeit seinen Göttern ein Opffer gethan / da ist das Hertz von geschlachten Wieh verlohren worden[439] daß dz niemand gewust / wo es hinkommen / solches habn die Priester vor ein böß Omen gehalten / und zum Keyser gesagt / das wäre die Vrsach / daß er es nicht treulich mit den Göttern meine. M. Creidius.

Alle Heuchler sind monstra, haben zwey Köpff /aus einem Maul blasen sie kaltes / aus dem andern warmes / sind gleich dem Schwan / der haussen weisse Federn hat / aber unter den Federn ein garstiges schwartzes Fleisch / sie sind Leute / die unterm Hütlein wissen zu spielen / äuserlich fromm scheinen /und die ärgsten Buben in der Haut / tragen sich gemeiniglich bucklicht / ihre Kleider riechen schön /aber der Athem stinckt sehr. M. Creidius in Postilla.

Quelle:
Hammer, Matthäus: Rosetum Historiarum. Das ist: Historischer Rosengarten [...]. Zwickau 1654, S. 435-440.
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