(X.)

Der stinckende Hurenhengst.

[34] Leichter ist einen Mohren weiß waschen / und deß Leoparts flecken vertreiben / als zur Tugend vermögen den jenigen / welcher der Laster gewohnet. Was David dort in einem andern Verstand sagt /[34] ist auch war von denen / welche der Unzucht ergeben: »Ihre Wunden stincken und eitern vor ihrer Thorheit / und Daniel sagt zu den Richtern / welche der Susanna Unzucht zugemutet / daß sie alte Schälke die in bösen Tagen begraben / und gleichsam lebendig todt sind /wie Paulus von den Weltlingen / und lustrenden Wittiben redet. Unser Erlöser weint über Lazarum / der drey Tag im Grab gelegen / und zu stinken angefangen: Zum Borbild eines in Sünden liegenden schweren Sünders / welcher ohn sonderliche Gnade GOttes nicht wieder kan auferwecket werden / wie aus folgenden Geschichte zu ersehen seyn wird.«

2. In einem kleinen Stättlein deß Königreichs Franckreich / hat ein Lehrmeister der freyen Künste /welchen wir Epaphroditum nennen wollen / seinen Dienst mit grossem fleiß und trefflicher Geschickligkeit / seiner Seelen Wolfahrt aber lässig abgewartet: massen mehrmahls eine grosse Wissenschafft son der ein gutes Gewissen / und im Gegensatz ein gutes Gewissen ohne Wissenschafft zufinden. Er war dem Trunck und Wolleben ergeben / und ein rechter alter zerrissener Weinschlauch / ein Spieler und Hurenknecht. Alle seine Weißheit hat dieses letzte Laster verschlungen. Er lebte 30. Jahre / mit Weibern und ledigen Dirnen / in unehlicher Befleckung / daß nunmehr die Gewonheit bey ihm keine Sünde mehr. Was ärgernis er der Jugend gegeben / und was er fůr einen Fluch auf sich geladen ist unschwer zu gedenken / gestalt er sich seiner Unthaten freventlich zu rühmen /und auch andere zu verleiten keinen Scheu getragen.

3. In seinem Alter hielt er eine junge Metze bey sich / und eiferte mit allen die sie ansahen / so sehr /daß wann jhr eine Muke auf dem Wangen gesessen /er gefragt ob es ein Männlein / oder Fräulein / und wann es ein Männlein / hat es sterben müssen. Sieben Jahre hat er in solcher Unreinigkeit zugebracht / und nach dem er deß gerechten GOttes Langmuth[35] zur Sünde schändlichst mißbraucht / und durch die zuvor überwundene Neapolitanische Kranckheit endlich zu sterben ermahnet würde / ist er von viel Geistlichen besucht / und zu Bereuung seiner Sünde / wie auch zu Abschaffung seiner Beyschläfferin ermahnet worden.

4. Solche gute Vermahnungen wolte dieser alte Listling keine stat finden lassen / mit Vorwand / daß er nun wäre bejahret / und erkrankt / einer guten Wart vonnöhten hette. Zu dem wolte sich diese Dirne mit leerer Hand nicht abweisen lassen / und der alte die Pfenning vor seinem Tod nicht abgeben / versprach ihr güldne Berge / wann er seines Guts nicht mehr gebrauchen könte.

5. Der Beichtvater wil diesen sterbenden ohne besagte würckliche Buß / von Sünden nicht entbinden /biß er verspricht von seinem Gottlosen Leben abzulassen / und das übel weg zu thun / wie dann auch geschehen müssen / weil er den heiligen Zehrpfennig der sterbenden zu empfahen begehrte.

6. Nach gethaner Beicht kommt die Dirne wiederumb in sein Hauß / mit vielen Threnen urlaub zu nehmen / und tröstet ihn mit noch lang und frölichen Leben / und andrer Schmeichlerey / welcher hier nicht zu gedenken / daß er dardurch erhitzt ihr verspricht sie nicht zu lassen / ob er es gleich seinen Beichtvater versprechen müssen / jedoch bedunke ihn / daß er bald genesen wolte / wann sie ihn nur noch einmal entblosst umfahen / und erwärmen würde.

7. Die Närrin thut was der stinckende Bock begehret / und in dem er sich mit seinen schwachen Armen an dieses Schandbild bindet / und alle übrige Kräfften versammelt / wird seine auf den Lippen sitzende Seele von ihm genommen / und erstarret entweder durch allzu grosse Bewegung / oder durch ohnmächtige Bemůhung / oder durch herannahende Sterbestunde / in der unzüchtigen Beküssung.

8. Wo seine Seele hingefahren / ist leichtlich zu errahten: der Leib aber hat also bald einen solchen[36] Gestanck von sich gedufftet / daß niemand in der Kammer / und dem gantzen Hause bleiben können / und schwerlich Leute zu finden gewesen / die ihn begraben wollen / biß sich endlich die Firmer / welche sonsten (mit urlaub zu schreiben) die heimliche örter säubern / wo man (wie Opitz redet) mit dem blossen Rucken die Wand ansihet / darzu gebrauchen lassen.

9. Diesen Stänker hat man in die Kirchen / sechs Schuhe tief in die Erden begraben / wegen unleidigen Gestanks aber wieder außscharren / und auf den Kirchhof bringen müssen / da er den Lufft wiederumb so sehr verunreint / daß man ihn in das Wasser geworffen / in welchen auch hernach viel todte Fische gefangen worden.

10. Was Epaphroditus seiner Vettel verschafft / ist ihr von seinen Freunden strittig gemacht / und rechtlich aberhalten worden / daß sie in Elend und Armut jämmerlich an der Schwindsucht gestorben / welche sie von ihres Anhangs Odem (nach der Artzney kündigen meinung) in sich gesogen haben sol.

11. »Also ist die Unkeuschheit ein Laster aller Laster / welches Seel und Leib / Gut unn Blut / Ehr und Freud zugleich zu Grund richtet. Wann nichts unreines in das Reich Gottes eingehet / und die Hunde draussen bleiben můssen / ist leichtlich die Rechnung zu machen / was dieser und alle seines gleichen zu erwarten: Daher sagt der alten Teutschen Sprichwort: Schleyer (Weiber die Schleyer tragen) un Stöppel /Geitz der das Geld zusammen stoppt) versperren vielen den Himmel.«


12. Die geilen Böcke sonder Zucht /

Sind von dem Höchsten Gott verflucht /

Sie müssen auch in diesem Leben /

Der Höllen Rauchwerck von sich geben.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 34-37.
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