Scena IIII.

[48] Schecher, Gerichtsfron. Hans Pfriem.


SCHECHER.

Sihe, gleich recht, wie ichs haben wolt,

Da kömpt Hans Pfriem selbst hergedrolt.

HANS PFRIEM.

Wer ist alda, der mein begert?

SCHECHER.

Ein from Man, Gott vnd jhm sehr werd.

HANS PFRIEM.

Da wird es aber han den Hundt,

Ach wer ich auch aus dieser stund.

Wolan, da bin ich, bin sen sein,

Was thut der Schecher bgeren mein?

SCHECHER.

Meine Herrn vnd Himelsfürsten zugleich,

Die schicken mich daher zu euch,

Vnd lassen euch Hans Pfriemer sagen,

Dieweil man vber euch thut klagen,

Solt jhr zu Recht erscheinen dort,

Das ist jhr meinung, Jhr hats gehort.

HANS PFRIEM.

Solt ich zu Recht erscheinen dick?

Wo bistu denn, du Galgenstrick?

Du auffgehengter Schelm, zu Recht

Erschienen, du Diebs vnd Mörderknecht?

SCHECHER.

Am Galgen hab ich meine Vrgicht

Gethan, Ist war, Ich leugnes nicht.

HANS PFRIEM.

Hört da, der Schelm, der rhümet sichs frey,

Das er am Galgen gehangen sey.

SCHECHER.

Des Galgens zwar ich mich nicht rhüm,

Verstehe mich recht, mein lieber Pfriem,

Es ist vorhanden Gottes Sohn,

Der neben mir am Galgen fron,

Gehangen ist, des rhüm ich mich,

Der hat mir gholffen gnediglich,

HANS PFRIEM.

Der eben sol auch jetz zu recht

Vor mich erscheinen, mein lieber Knecht,

Das hab zur antwort kurtz von mir.

SCHECHER.

Das were keine böse meinung schier,

Ja wenn d' dich wüst zu schicken drein,

Vnd liessest dirs ein ernst auch sein,

Fielest jhm zu fuss, vnd betest vmb gnad,

Die er nie keim versaget hatt,[49]

So wers eine meinung. Sonst ists verlorn,

Dann Gott der Herr, sag ich beuorn,

Deme, der verschlefft der gnaden zeit,

Nicht auffspringt, wenn er wird bereit.

HANS PFRIEM.

Was gheistu dich noch? vnd machst viel wort,

Du hast mein meinung angehort,

Drumb gehe nur wider deiner strass,

Vnd mich des meinen warten las,

Ich hab wol ander ding zu schaffen,

Das mir verstört dein vnnütz klaffn,

SCHECHER.

So sey gleich eben eingedenck,

Vnd meine nur nicht, das man dirs schenck,

Was ich dir angemeldet han,

Damit nicht ich die schuld müsse tran,

HANS PFRIEM.

Was ligt mir dran? Er zeugt dahin,

Nun wolt Gott, das von stundan jhn,

All vnglück fürt in lüfften wegk,

Das er nicht vber wegk vnd stegk,

Heim zu seinen Herren kommen möcht,

Vnd bringen jhn' von mir bericht,

Der mir nicht dürffte wol gedeien,

Seht aber jhr lieben Herren mein,

Ists nicht der Teuffel, ist sen sach,

Das man auff mich solch vngemach,

Thut treiben? Ja, ists nicht ein schand,

Solt mans nicht straffen in allem Land?

Vnd zwar, wil nicht von straffen sagn,

Nur solt mans rügn vnd beklagn,

Das ich nur vmb ein wörtlein klein,

Werde vor Gericht geladen ein,

Vom aller ergisten Schelm vnd Mörder,

Den man auff Erden nicht hat förder

Am leben können leiden lang,

Hatt in Gericht mit kreutz vnd strang,

Von wegen seiner vnthat gros?

Der ist nun hie so gut Genos,

Das er auch schier an Christus stat,

Den Heiligen zugebieten hat,

Das ist der Teuffel, ist sen sunde,[50]

Das ein solch mörderischer Kunde,

Ein redlichen frommen Biderman,

Sol so gerichtlich fassen an,

O leider, des verfluchten wesen,

Da kan kein recht noch gricht genesen,

O Meer vnd Himmel, Erd vnd Lufft,

O hilff du tieffster Hellen klufft,

Wie rewet mich, das ich leben mus,

Vnd ewer mich schemen mit verdrus,

Heng jmmer wegk, Mir grawt zu sein,

Da man solch vnrecht füret ein.

Quelle:
Martin Hayneccius: Hans Pfriem oder Meister Kecks. Halle a.d.S. 1882, S. 48-51.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Hans Pfriem
Hans Pfriem: Oder, Meister Kecks (German Edition)

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon