Scena V.

[62] Petrus. Paulus. Hans Pfriem.


HANS PFRIEM.

Fast nur ein starcken muth, Herr Paul,

Vnd dencket, wie jhr vor nicht faul

Gewesen, Als sich dann gebür,

Mit Ketzern nicht zu schimpffen hier,

Ich wil nicht weit von hinnen gahn,

Solt mich zum trewen beystand han.

PAULUS.

Es mus doch werden ausgericht,

Sihe do, tritt er vns ins gesicht,

Doch selber angesucht, wolan,

So gehe ich hin, vnd sprech jhn an,

Glück zu, mein Menlein, grüss dich Gott,

HANS PFRIEM.

Mein lieb Herr Grosbart, danck euch Gott,

Was hört jr guts? was bringt jr newes?

PAULUS.

All gnad vnd fried euch Christ beweis,[62]

Vnd Gott der HErr, So jhr euch dessen,

Wirdig zu brauchen habt beulissen.

HANS PFRIEM.

Was wirdig? O jhr alter Schalck,

Seht, richt euch selbs in ewren balck,

Vnd sagt, wie wirdig jhr doch seidt.

PAULUS.

Schilt nicht, mein Menlein, schon der leut,

Vnd höre, wie sich die sach vor helt,

HANS PFRIEM.

Wenn jhrs so macht, das mirs gefelt,

Wo nicht, So sage ich vnuerdackt,

Ich wil so schier euch fadem nackt,

Ausrichten, als jhr mich, bey Gott.

PAULUS.

Vors erste, damit ich treib kein spott,

So halte ich nicht, das jhr verneint,

Was jhr habt misgehandelt heint.

HANS PFRIEM.

Was? Sol ich euch thun rechenschafft?

Warumb auch jhr nicht mir? botz krafft.

Mein lieber Pfaff, mir nicht verhäle,

Wie das du dir greiffst selbs in d' käle?

PAULUS.

Mein liebes Menlein, hör mir zu.

HANS PFRIEM.

Mir auch ein stund, drey oder zwu.

PAULUS.

Ich hör dir zu, doch das du mich

Vor hörest, ist nicht vnbillich.

HANS PFRIEM.

Ich thues mit nichten nicht ein meid,

Jhr müst mich hören, hat sein bescheid,

Was jhr wolt sagen, Ich weis das schon.

PAULUS.

Ich gleub, jhr könts gar leicht verston.

HANS PFRIEM.

Was blewet jhr mir die ohren voll?

Vnd macht mich armen Man schier toll?

Euch aber selbest, wie ich habe

Gesagt, stecht jhr die gurgel ab.

PAULUS.

Warumb denn das? das mus ich wissen.

HANS PFRIEM.

Denn jhr seidt selber nicht beulissen,

Ewer eignen lehr zufolgen nach,

Auff ander Leut ist euch nur jach,

Zusehn, vnd die zu registriren,

Euch darff aber niemands reformiren.

PAULUS.

Was treumet dir?

HANS PFRIEM.

Ewere eigne treume,

Versteht jhrs schier, Hä, wie ichs meine?

Jhr seidt jo, mein ich, seidt sen sach,[63]

Der blinde Leute fürt gemach,

Der denen, so im Finster sind,

Vorleucht, als eine Latern geschwindt,

Der albern vnd vnmündigen klein,

Ein hochberhümter Lehrmeister fein,

Ein solcher Man, ja, der zum taus,

Die gantze Schrifft weis aus vnd aus,

PAULUS.

Wo sol sich dann dis hingeziehn?

HANS PFRIEM.

Dahin, das jhr mir so zu dien',

Geulissen seidt, vnd klagt mich an,

PAULUS.

Das thue ich nicht, mein lieber Man.

HANS PFRIEM.

Hoi, nein? jhr solts noch besser thun.

PAULUS.

Ich thues vorwar weder ehe noch nun,

Das Göttlich Gesetz, vnd Magistrat,

Dein eigen Sünd, vnd Missethat,

Die thun es, die verklagen dich,

HANS PFRIEM.

Ho, seht, der lest gebrauchen sich,

Zum Diener frey der peinlichen Gericht,

Vnd klagt mich nicht an, wie er spricht,

Ja, wenn jhr sehet euch selber an,

Vnd decht ein mal, was jhr gethan,

Wie jhr vorzeiten euch gehalten,

Vorwar jhr würdts Gott lassen walten,

Vnd bisset euch ehr in finger nein,

Ehe jhr wolt mein Ankleger sein.

PAULUS.

Ich weis, wie ich gehalten mich,

Hab alles gethan vnwissentlich.

HANS PFRIEM.

So habe ichs auch also gemacht,

Mit wissen traun, nach meiner acht,

Noch mit meim willen, habe ich nie,

Nichts bös begangen je vnd je.

PAULUS.

Ja, lieber Man, ist ander ding,

Wird nicht entschuldigt so gering,

Ich war damals zu jener frist,

Des glaubens an den Herren Christ,

Gantz vnberichtet. Aber du,

Wilst in des Himels Saale nu,

Im Paradies ein Bürger sein,

Ein Kind vnd Erbe mit Gottes gemein.[64]

HANS PFRIEM.

Was ists dann mehr? was wunders gros?

Einen schlechten Himels Hausgenos,

Ein schlechten Pech hab ich vexirt,

Du hast den Sohn Gottes tribulirt,

Mit schenden vnd lestern nicht allein

Verfolget, vnd alle seine Gemein,

Sondern mit Kercker auch vnd Schwerdt,

Mit Staupenschlegen viel vorehrt.

PAULUS.

Mein lieber Man, das ist alles hin,

Der fromme Gott im Himmel drinn,

Hat mirs vorziehen vnd vorgeben,

Vergilt mir nicht mein voriges leben.

HANS PFRIEM.

Ja wol vorzihn, verzih sen sach,

Nach dem er sich mit vngemach

An dir gerochen grausamlich,

Mit plitz vnd donner troffen dich.

PETRUS.

Ich werde zulang gedültig sein,

Dem Pech zugar viel reumen ein.

HANS PFRIEM.

Ey lieber Pfaff, vnd bistu kün,

Vnd darffst es abbrechen alfo grün,

So nimb den Pfahl aus deinem hertzen,

Vnd steck jhn in das meine mit schmertzen.


Quelle:
Martin Hayneccius: Hans Pfriem oder Meister Kecks. Halle a.d.S. 1882, S. 62-65.
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