Achte Szene


[757] Albrecht erscheint mit vielen Kämpfenden, worunter sich auch Theobald befindet.


ALBRECHT er tut bei jedem Ausruf einen Streich. Agnes Bernauer!

Agnes Bernauer! Hei, daß ihrs wißt, eh ihr umfallt, der Tod heißt heute Agnes Bernauer und kennt kein Erbarmen! Kein Geschlecht in Baiern, hoch oder niedrig, das morgen nicht weinen soll! Da liegt ein Haydeck, da ein Pienzenau, da ein Seyboltstorff! Aber noch immer lebt Pappenheim! Pappen heim, wo bist du? Räuber, Verräter, Schurke, versteckst du dich? Ihr alle, ruft mit mir, daß es über die ganze Erde schallt:

Pappenheim, Räuber, Verräter, Schurke, hervor!

PAPPENHEIM tritt auf. Wer sucht mich?

ALBRECHT. Ich und der Teufel, wir beide zugleich! Aber erst komm ich! Zieh und laß sehen, ob ein ehrlich Eisen dir noch dient! Er wirft Pappenheim zurück.

THEOBALD tritt hervor. Und ich? Ha, ha, ha! ich glaube, ich fürchte mich, es wird mir ganz schwarz vor den Augen. Ei, ich mach sie zu und steche darauf los! Bring ich keinen um, so reiz ich doch wohl einen, daß er mich umbringt!

ALBRECHT tritt wieder auf. Abgetan! Was nun? O, daß man mir ihn wieder lebendig machte, und daß ich ihn mit jedem Atemzug einmal niederhauen dürfte, von heute an bis zum Anbruch des Jüngsten Gerichts.

THEOBALD tritt vor Albrecht hin. Haut mich nieder!

ALBRECHT. Dich? Wofür? Ei, du bists? Was fällt dir ein!

THEOBALD. Meint Ihr, daß ich mit einer solchen Nachricht nach Augsburg zurück will?

ALBRECHT. Guter, treuer Mensch, bleib bei mir![757]

THEOBALD. Bei Euch? Bei Euch! Ha! Wenn Ihr nicht gewesen wärt – Da! Er sticht nach Albrecht. Der kommt auch von Agnes Bernauer! Und der! Und der!

ALBRECHT wehrt ab. Bist du verrückt? Gib mir lieber die Hand! Du bringst mich nicht so weit, daß ich dir ein Leid zufüge!

THEOBALD sticht wieder nach ihm. Ihr sollt aber!

ALBRECHT. So muß ich schon tun, was ich noch nie tat! Er wendet ihm den Rücken. Wem gehört denn das rote Gesicht? Das ist ein Degenberg, und an dem fehlts noch! Stürzt fort.

THEOBALD. Alles soll sterben. Alles, Freund und Feind! Er wirft sich seinem eignen Trupp entgegen, der Albrecht folgen will. Wohin? Halt! Er wird durchbohrt. So! Nun ists genug! Fällt und stirbt.

NOTHHAFFT VON WERNBERG tritt auf. Sieg! Sieg! Wo ist der Herzog? Albrecht, sie laufen vor uns, als ob wir mehr als Menschen wären!

ALBRECHT. Aber sie sollen liegen! Ich will die Donau, die sie erstickt hat, mit Leichen wieder ersticken!

NOTHHAFFT VON WERNBERG. Der im Bart wirft sich auf , Ihr sollts betrachten, als ob ers schon hätte!

ALBRECHT. Daß er mir den Richter bloß fängt, und ihm kein Leid zufügt! In dessen Blut will ich mir den letzten Rausch trinken!

ROLF VON FRAUENHOVEN tritt auf. Hurra! Hurra! Nun ists aus! Wir haben ihn! Zu Albrecht, wie er ihn bemerkt. Wir haben Euren Vater, Ihr könnt ihm gleich guten Tag sagen! Eben ward er gepackt!

ALBRECHT. Wer hat das befohlen?

FRAUENHOVEN. Wer hats verboten? Seine eignen Leute rannten ihn über den Haufen, als er sich ihrer Flucht in den Weg stellte, und Hans von Läubelfing – Da bringt er ihn mit dem Kanzler! Seht!

ALBRECHT wendet sich nach der entgegengesetzten Seite. Er soll ihn frei lassen! Gleich!

NOTHHAFFT VON WERNBERG. Ei, das kommt wohl morgen auch früh genug!

ALBRECHT. Gleich! sage ich. Mensch, fühlst dus denn nicht auch?

NOTHHAFFT VON WERNBERG. Eh er Urfehde geschworen und uns wenigstens die Köpfe gesichert hat?

ALBRECHT stampft mit dem Fuß. Gleich! Gleich! Gleich!

NOTHHAFFT VON WERNBERG. So sagts ihm selbst![758]


Quelle:
Friedrich Hebbel: Werke. Band 1–5, Band 1, München 1963, S. 757-759.
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