Scena sexta.

[349] Seuerus vnd seine drey Räthe.

Garrulus stehet wider verborgen, vnd höret zu.


SEUERUS. Da ist meine trewhertzige vermhanung alle dahin, vmbsonst, Nun ist Hopffen vnd Maltz verlorn, Was sol ich doch jmmermehr mit jhme anfahen? Schweiget ein wenig. Nun ich kan nicht dawider, Ich habe das meine gethan, Ich mus es Gott beuehlen. Schweiget ein wenig stille. Ich wolte von Hertzen wünschen, Das er Todt were, Ehe dann er mir mehr hertzleid machen möchte. Schweiget abermal wenig. Aber lieben Räthe, Was rhatet jr doch, Das ich mit dem Buben anfangen sol.

JUSTUS. Gnediger Herr, Es seind schwere sachen, Das ich auch schier nicht weis, was ich darzu sagen sol, Dann zwischen Vater vnd Sohn ist geferlich Rathschlege zugeben, Ich bin hefftig erschrocken, vber diesen harten trotz vnd vbermuth, Vnd kan nicht wissen, Wie er jmmer dazu kommen mag, Er ist vorhin sein lebtag so nicht ausgelassen gewesen, Behüte Gott vor so einen vngerhatenen Sohn. Wann ichs hin vnd wider betrachte, weis ich schier nicht, was ich rathen sol, Das mit dem Herrn möge vorgenommen werden. Gute Wort, Ernstes vnd scharffes einreden, Hat bey jme kein stadt vnd man richtet damit bey jme weniger dann nichts aus, Sol man jhne auch in solchem trotz hinweg ziehen lassen, das ist meines erachtens nicht rathsamb, Aus vrsachen, Das sich vnrühige vnd auffrürirische Leute an jhne hengen möchten, Vnd köndte dadurch ein solch Spiel angerichtet, vnd ein solch Feuwr angezündet werden, dem so baldt nicht zustillen. Hielts derowegen dafur, Das E.G. zu bezeigung jhres Väterlichen ernstes, vnd erhaltung jrer autoritet, Ihne in einem Gemach ein zeitlang verwharen liessen, Ob er dadurch vielleicht zu mehrer Demuth köndte bewogen werden, vnd anders weis ich furwar in dieser weit aussehenden sachen nicht zu rathen, Doch wil E.G. vnd meinen Collegis ich hiemit nicht vorgegriffen haben.[349]

VERAX. Ob ich zwar billich bedencken tragen solte, in dieser sachen zurathen, So wil ich doch, Weil es von E.G. an mir begeret worden, Mich in dem auch vnterthenig bezeigen, vnd schliesse nun mit meinem College dahin, Das der von jhme angezogener weg der beste sey, Es wird aber vornemblich bey deroselben stehen, Ob sie damit einig sein können.

CONSTANS. Man sagt im Sprichwort, Ex duobus malis minus esse eligendum. Weil dann nun allerhandt grosse gefahr zuuermhuten, Wann der Junge Herr solte an andere örter, vnd vermuthlich, in böse Geselschafft gerhaten, Als were mein einfeltig bedencken, Das man jhnen verwaret hette, Doch köndte E.G. noch einen tag oder zwey damit inhalten, Ob er vielleicht inmittelst in sich gehen, von sich selber sich demütigen möchte, Dann ich habe mich schier bedüncken lassen, Das der Herr bezechet gewesen.

SEUERUS. Ewre samptliche meinung habe ich verstanden, vnd vermercke souiel, Das meine vnd ewre gedancken eins gewesen, Dann ich auff denselben weg auch bey mir beschlossen, Ich wil jhme aber gerne die zeit, wie angezogen worden, gönnen Ob er sich vielleicht bedencken wolte. Es hat aber bey mir grossen zweiffel. Schweiget ein wenig. Ach das er nie geboren were, Oder das jhne doch der liebe Gott hinneme. Schweiget ein wenig. Nun ist es hoch auff den Tag, Kompt gehet mit mir heim zum essen. Gehen abe. Musica.

Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 349-350.
Lizenz:
Kategorien: