Scena quinta.

[353] Seditiosus. Hypocrita. Nero.


SEDITIOSUS. Gott grüß euch Herr, Wie gehet jhr hie so allein, vnnd seit betrübt? Junge Herrn müssen nicht so Melancholisch sein, Ihr pfleget ja wol lustiger zu sein, Habt jhr jrgends ein anligen, Lasset euch rathen, vielleicht stehet euch zuhelffen.

NERO. Es möchte der Teuffel so wol Melancolisch werden.

HYPOCRITA. Wie so Herr, Was ist euch dann widerfahren?

NERO. Was sol mir widerfahren sein. Beisset die Zähne zusammen.

SEDITIOSUS. Mögen wirs wissen, so offenbaret es vns Herr, Vielleicht köndten wir euch hierinnen bey rhätig sein, Wir seind ja je vnd alle wege bey euch in gutem vertrawen gestanden, Haben auch stets einen Gnedigen Herrn an euch gehabt.

NERO. Ich wils euch offenbaren, was mein anligen sey, Euch auch daneben berichten, Was ich dagegen anzufangen gemeint sey, Ihr sollet mir aber erstlich einen Eyd, den ich euch vorsagen werde schweren, Das jhrs niemandt offenbaret, Sondern bey euch behalten, Wie sonsten inn dieser sachen mit rhat vnd that behülfflich sein wollen, Wann jhr das thut, wil ichs euch offenbaren.

HYPOCRITA. Das wil ich fur meine Person gerne thun.

SEDITIOSUS. Ich wil auch fur meine Person euch in diesem gerne wilfahren.

NERO. Nun wolan, So haltet zwey Finger auff, vnd sprechet mir nach: Sie recken zwey Finger auff, er spricht jhnen fur, vnd sie sprechen es jhme von worten zu worten nach. Ich gelobe vnd schwere, Das ich das jenige, so mir jetzt vnd in vertrawen wird offenbaret werden, wolle in guter geheime halten, Vnd solches mich von niemands, Er sey[353] aus wes Standes er wolle, Weder mit Gelde, Guten Worten, Noch gewalt wolte abfragen, Oder zwingen lassen, Vnnd das ich inn dieser sachen meinen Rath geben, Vnd mit der that wil volnbringen helffen, Ohne einige ausflucht vnd behelff, Wie das Namen haben mag, Vnd das ich solchs trewlich zuhalten gemeint sey, Ruffe ich zu Zeugen, Sonne, Mond, Stern, Lufft, Himmel vnd Erden.

NERO. Weil jhr dann nun mir diesen Eydt geschworen So wil ich mich versehen, Jhr werdet denselben wol betrachten, vnd in acht nhemen, vnd wil nun mein anligen euch kürtzlich offenbaren. Es ist an deme, Das mich mein Vater heint hat vorbescheiden, Vnd hat mir nicht allein ein hauffen vnnützer Wort geben, Sondern hat daneben furgeben, Mein Bruder sol nach seinem Tode jhn allein erben, Die Regierung vnd das gantze Landt allein verwalten, Mich aber wolte man mit Gelde abkeuffen, vnd zum Lande hinaus weisen, Vnd als man mir ein solch vnkeusches angemuhtet, habe ich mich, wie nicht vnbillich, darüber beweget, (Dann ich bin so gut als mein Bruder.) Nun habe ich verstanden, Man wolle mich gar beym Kopffe nehmen, vnd ins Hundeloch stecken, Derhalben bin ich auch hiehero gangen mich zuuerbergen. Nun hette ich darauff gedacht, weil man im Sprichwort sagt, Wer einem andern eine Grube gräbt, der fellet selber darein, Ich wolte sehen, das ich mit ewer hülffe so starck vnd mechtig köndte werden, So wolte ich jhnen zuuor kommen, Vnd was sie an mir volnbringen wolten, solte jhnen selber begegnen, Vnd wolte so wol meinen Vater, als auch Bruder, Wie auch seine Räthe, die kalen Schelme, so es gerhaten, Bey die Köpffe nhemen, Vnd mich mit gewalt ins Regiment setzen, Doch wil ich ewer bedencken, wie ichs anschlagen möge, hierüber hören.

SEDITIOSUS. Ho Ho, Vmb diese sachen dürfft jhr euch so hart nicht bekummern, Den stehet wol vorzukommen, Das jhr euch aber solt abfinden lassen, das kan jch nicht rhaten, Dann was ist ewer Bruder besser als jr, Ich kan euch auch nicht verdencken, Das euch solchs verdreust, Es sol mich selber verdriessen, wann michs angienge. Das jhr aber auch vermeldet, Man wolle euch bestricken, Das kömpt mir frembd fur, Vnd dencket jr billich auff gegen mittel, Ewer vorschlag were wol nicht böß, Ich fürchte aber, wir seind zu schwach, Vnd ob wirs schon ins werck richten, möchten seine[354] Vnderthanen vns zu starck werden, vnd sie nicht allein aus der Gefengnis erledigen, Sondern vns allen auch die Hälse entzwey schlagen.

HYPOCRITA. Das ist bey Gott war, Wann aber mein Rath gelten solte, So wolte ich rhaten, Man müste sehen, Wie man den Alten Vnd sein Gemahel, Die doch ohne allen zweiffel Vormünder sein, vnd ein stadtlich Leibgeding haben wird, vber die halbe reumede, Vnd wann das geschehen, So müste dan der Bruder, Sein Weib, vnd sein Sohn auch herhalten, Vnd das müste fein vnuermerkt zugehen, So kemet jhr als dann, als der rechter Herr vnd Erbe, zum Regiment.

SEDITIOSUS. Das ist bey Gott ein guter weg, Der gefellt mir gar wol, Dar habe ich bey Gott nicht in der erste auff gedacht.

NERO. Es ist wol war, es gienge wol an, Wie kan ich aber füglich darzu kommen, Ich bin in grossen vngnaden, vnd darff mich nicht sehen lassen.

HYPOCRITA. Den Rhat wil ich euch baldt geben. Lasset ewren Vater beschicken, Ihr wollet jhne gerne anreden, Vnd wann jhr zu jhme kommet, stellet euch gegen jhne, Wie auch ewern Brudern, Auch die Rhäte gar demütig, Freundlich vnd gnedig, Weinet, Thut einen Fueßfall, Vnd erzeiget euch, als wenns euch leid were, Erbietet euch zur besserung, Vnd stellet euch gar kläglich, Wenn das geschicht, so werdet jhr jhnen allen das Hertze stelen, Vnd wenn jhr das volnbracht, könnet jr gute gelegenheit bey sie zukommen haben, Vnnd dann alles nach wunsch verrichten. Thut dieses nur auffs aller erste, Inmittelst wil ich mit meinem Gesellen darauff dencken, wie jhrs dann ferner anschlagen möget.

SEDITIOSUS. Das ist zwar ein guter vorschlag, Besser köndts nicht angefangen werden, Dann es wird dann sein, als wie der verlorne Son wider zu Hause kam. Wann jhr das zu werke gerichtet, wollen wir euch dann wol weiter rhaten, Wie das vbrige möge füglich zu wercke gerichtet werden, Vnd wann jhr vns wider wollet ansprechen, so wollen wir hier an diesem orth allezeit ewer warten.[355]

NERO. Nun habt grossen danck vor diesen Rhat, Ich wils wider in gnaden erkennen, Ich wil nun hingehen, vnd sehen, Ob ich einen bekommen könne, Der mich bey meinem Herrn Vater wolle anzeigen.

SEDITIOSUS. Wanns aber so weit kommen, das alle sachen richtig sein, So müssen wirs gleichwol nicht vmbsonst gethan haben.

HYPOCRITA. Die Heuser vnd Vorwercke, welche die Fraw Mutter zum Leibgeding hat, thun es wol, Dann vor was gehöret was.

NERO. Seid zu frieden, Wanns so weit kompt, so wollen wir hieüber vns wol vertragen. Die beiden gehen abe. Nero gehet aus dem Holtze, vnd kompt wider auff die Brücken.

NERO. Ich mus sehen Ob ich füglich köndte an Garrilum kommen, Das er mich möge anzeigen, Der posse sol rechtschaffen angehen, Harre, haben sie mich premsen wollen, Ich wil sie wieder premsen, Der Teuffel sol sie vber einen hauffen holen. Aber sihe, Dorth sehe ich Fidelem gehen, Ich mus zu jhme gehen, vnd jhne ansprechen.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 353-356.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Papinianus

Papinianus

Am Hofe des kaiserlichen Brüder Caracalla und Geta dient der angesehene Jurist Papinian als Reichshofmeister. Im Streit um die Macht tötet ein Bruder den anderen und verlangt von Papinian die Rechtfertigung seines Mordes, doch dieser beugt weder das Recht noch sich selbst und stirbt schließlich den Märtyrertod.

110 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon