Scena secunda.

[358] Fidelis. Nero.


FIDELIS klopffet an Neros Losament, vnd spricht. Kommet Herr, Es ist nun zeit, Die sachen wollen gut werden, Ewer Herr Vater, vnd ewer Bruder, vnd die Rhäte sein schon bey einander, vnd warten auff euch.

NERO. Ists auch guter glaube? Hab ich mich etwas wiedrigs zubefarn.

FIDELIS. Nein fürwar, Wo ferne jhr euch nun recht halten werdet,[358] dürfft jhr nicht befürchten, Ich wil euch fur allem schaden gut sein, Kommet nur flugs fort, Sehet dar ist ewer Herr Vater, Ich wil nun hingehen, Ich habe sonsten was anderst noch zubestellen.

NERO stellet sich, als wann er weinet, fellet auff die Erden, vnd küsset sie, reuffet die Haar, reisset das Wambs auff, vnd sagt. Ach ich bitte vmb gnade, Ich habe zuuiel gethan, Der Trunck hat mich verführet, Es ist mir alles leid aus grundt meines Hertzen, was ich gethan habe, Es sol nun vnd nimmermehr geschehen. Fellet dem Vater fur die Füsse, vnd küsset jhn. Ach lieber Vater, vergebet es mir ein mal, Ich wils alle mein lebtag nicht mehr thun. Fellet jhm darnach vmb den Halß, vnd spricht. Ach lieber Vater, sol es dann vergeben sein, Ich wil mich gerne nach ewer Lehr vnd vermhanung schicken, Vnd wie jhrs verordnet, durchaus wol zu frieden sein. Ach, ich bitte vergebet es mir das einmal, Ich wil mich derogestalt gegen euch nunmehr bezeigen, Vnd wo ichs mehr thue, sollet jhr mit mir anfangen, was jhr nur selbst wollen, Vergebet es mir nur das ein mal, Es sol nun vnd nimmermehr geschehen, Der Trunck hat mich dißmal verführet.

SEUERUS. Du weist dich zu berichten, Nero, wie trotzig vnd muthwillig du dich gegen mir jederzeit erzeiget hast, Weil er also redet mit jhme, mus er jmmer stehen, vnd die Hende winden, die Haar rauffen, vnd grünsseln. Vnd ob ich wol dich zum offtern vermanen lassen, vnd selber vermahnet, Von solchem trotz abzustehen, Hat es doch bey dir keine stadt finden mögen, Wie ein rauchloses leben du ein zeitlang mit Fressen, Sauffen, Vnd Huren geführet hast, ist dir wol bewust, Es hat kein straffen vnd vermhanen bey dir helffen wollen. Vnd zu allem vberfluß, Als ich dich in meinem hohen Alter vorbescheiden, vnd zu aller Gottsfurcht, Gehorsamb gegen deine Eltern, vnd zu Brüderlicher einigkeit vermhanen wollen Hastu solchs alles verquer ins maul genommen, Mir trotzliche, spitzige vnd hönische Wort gegeben, Vnd mich also in meinem hohen Alter betrübet, vnd zum Zorn beweget, Wie wol dir nun solches angestanden, vnd wie dir solches gebüret, das kanstu bey dir selber, so ferne du anderst ein ehrliche Ader im Leibe hast, abnehmen Vnd du wirst es sehen, Das Gott dich straffen wird, hie zeitlich vnd dort ewiglich, Denn Gott wil die Eltern von den Kindern geehret[359] haben, vnd wer das nicht thut, dem kans nimmer wolgehen. Vnd ob ich wol grosse vrsach, auch gute fug vnd macht deshalben einen gebührlichen ernst gegen dir furzunhemen, Wie ich dann schon die verordnung darauff gethan, vnd solche mittel fur die handt nemen wollen, Dadurch ich dich zur demut bewegen könte, So wil ich doch dessen vngeachtet, Weil du dich selber demütigest, vnnd lest dirs leid sein, vnd auch vmb verzeihung bittest, meinen gefasten zorn fallen lassen, vnd herwider dich zu gnaden auff vnd annhemen. Gedencke aber, vnd las dirs ein warnung sein, vnd Bessere dich, Wie du auch solches zugesagt hast, Nero gibt jhnen die Handt, vnd fellet seinem Vater vmb den Halß.

NERO. Ach lieber Vater, Das ich euch offt zu zorn bewogen, das weis ich gar wol, Es ist mir aber nun von hertzen leid, vnd wil mich derogestalt bessern, das jhr ein sonderlich wolgefallen darab haben sollet, Vnd thu mich gantz dienstlich bedancken, Das jhr mich wider zu gnaden auffgenomen, Ich wils auch hinwider Söhnlich zuuerdienen wissen, Auch mit willen nimmermehr zu zorn bewegen. Wendet sich darnach zu seinem Bruder, helset denselben auch, vnd spricht. Lieber Bruder, Habe ich dir etwas zuwieder gethan, so verzeihe mirs, vnd schreibs meiner Jugendt zu, Ich wil mich bessern, vnd mit dem, was mir mein Herr Vater geordnet hat, gerne zu frieden sein, vnd wil nicht allein dein Bruder, Sondern dein Diener sein, vnd mich freundlich gegen dir bezeigen.

PROBUS. Lieber Bruder, Ich habe niemals gegen dir einigen groll oder widerwillen gefast gehabt, Das du es aber biß dahero so wilt angeschlagen, ist mir von hertzen leid gewesen, Ich bin fur meine Person mit dir wol zu frieden, Wil dir auch gerne allen Brüderlichen willen erzeigen vnd beweisen. Geben einander die Hände. Vnd darnach den Räthen semptlich, vnd spricht.

NERO. Ihr Ehrlichen Leute, Habt ich jemands etwas zu nahe gethan, so verzeihet mirs, Es ist aus Jugend vnd vnuerstand geschehen, Es sol nicht mehr geschehen, Grosse gnade kan ich euch nicht beweisen, So dürfft jhr euch auch keines schadens von mir befahren.[360]

SEUERUS. Nun ist es hoch auff den tag, ich wil nun nach Haus zum essen gehen, kompt mit mir. Gehen alle abe.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 358-361.
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