Scena quarta.

[362] Nero jauchtzet. Seditiosus. Hypocrita.


NERO. Wuich, Wuich, Das ist vorerst ins werck gerichtet, Ich wil nun hingehen, vnd wil sehen, Ob ich könne bey meine Geselschafft wieder kommen vnd jhnen vermelden, Was ich ausgerichtet habe, vnd noch mit jhnen einer meinung, Wie ichs ferner angreiffen[362] möge, vergleichen, Aber ich gleube, das sie dar schon vorhanden sein, Sie seind es furwar, Ich wil zu jhnen gehen, Dann ich mus die zeit nicht verseumen, Dann man saget, Weil das Eisen warm sey, so müste mans schmieden. Seid jhr hie? Das ist recht das jhr habt abscheidt gehalten, Die sachen sein alle richtig, Das habe ich nach allem wunsch ins Werck gestellet, Ich habe nun wieder einen Gnedigen Herrn Vater, vnd getrewen Bruder, vnd ist alles gros ding. Ich machte es wol so kläglich, das es einem Steine hette erbarmen mögen, Ich bin nun gar wider der verzogene Son, Ich hab müssen mit meinem Herrn Vater Malzeit halten, Aber wie schlagen wirs nun weiter an?

HYPOCRITA. Ey das höre ich gerne, Das der posse angegangen ist, Wie mans aber weiter anschlagen möge, dauon haben meine Gesellen vnd ich jetzundt geredt, Wir wolten aber gerne ewer bedencken auch hören.

NERO. Was ists dann? Sagt her.

SEDITIOSUS. Kürtzlich dauon zu reden, ist das nur der negste weg. Das erstlich ewer Vater vnnd Mutter, Vnd darnach ewers Bruders Son, Alsdann sein Weib, vnd dann letzlich ewer Bruder, vber die halbe gereumet werde, Aber wir wissen noch nicht, Wie man füglich, damit es nicht gemercket werde, darzu kommen könne, Derohalben wollen wir ewer bedencken auch gerne hören.

NERO. Ich dachte so, Mein Vater pflegt gemeinlich in den Garten zugehen, Vnd darinnen zuschlaffen, vnd nimpt niemandts mit sich, Als meines Bruders Son, vnd so wolte ich darauff lauren, Wann er dann darinnen so alleine were wolte ich meinen Vater mit einem Beil ein par strich hinter die Ohren geben, vnd jhme einen Pfrim in den Kopff schlagen, vnd wieder heraus ziehen, Also, das man an jme nichts sehen solte, Damit wann die Leute hernacher jhne sehen, anderst nicht meinen, Er sey sonsten gehling am Schlage gestorben. Wann aber der kleine Junge, Meines Brudern Son bey jhme ist, Den wil ich flugs mit einem Stricke würgen vnd auch ligen lassen, Vnd wil jhme von Seiffen ein wenig[363] Schaum in dem Mundt machen, Damit man meinen sol, Er sey an der schweren Kranckheit gestorben, Vnd wann ich dieses also verrichtet, Wil ich ein geschrey machen, Vnd so weis ich wol, Das niemandts mehr inn den Garten kommen wird, auch kommen darff, als meine Mutter, Dann ich weis meines Vatern brauch wol, Ich wil jhr auch zum vberfluß meines Vatern stimme insimuliren. Wann sie dann kompt, wird sie die Toden liegen sehen, Vnd darob ohne allen zweiffel sich entsetzen, So wil ich dann nicht weit von jhr sein, vnd jhr mit jrem eignen Messer die Gürgel abschneiden, vnd dann dauon gehen, Wann sie dann also gefunden werden, wird jederman meinen, Sie haben sich vber diese beide Todtfälle also entsetzt, vnd aus zweiffelmuth das leben genommen, Ich wil mich alsdann erzeigen, als wüste ich nichts darumb, vnd wil mich gar rewlich vnd kleglich anstellen, So viel aber meines Brudern Weib vnd jhne selber anlanget, wil ich auch noch wol sehen wie ichs mache, Ich wil aber gleichwol hieuon hernegst euch auch mein gemuth offenbaren, Ich mus nicht zuuiel auff ein mal auff mich nhemen, Mit diesen Dreyen wil ich furs erste verrichten.

HYPOCRITA. Potz Velten willen, das wil angehen, Besser hette es nicht können erdacht werden.

SEDITIOSUS. Der anschlag ist gut, Sehet aber nur zu, das jrs hemblich machet, Vnd schmeisset wol zu auff den Alten, Dann die Alten haben harte Kopffe, vnd wartet nur nicht lange, Denn je ehe jhr darzu thut, je besser es ist. Wir wöllen nun wider hingehen, Vnd wann jhrs verrichtet, so kompt hier wider her, so wollen wir ferner dauon reden, Wie man ewern Bruder vnnd sein Weib auch vber die halbe helffe.

NERO. Wann ich nur nicht zuuerzagt were, solch werck zuuerrichten, Dann ich habe noch mein lebtage kein lebendig Thier vmbs leben gebracht.

SEDITIOSUS. Ey was verzagt, Ihr müsset ein Hertze fassen, Vnd thut nur alle streiche, vnd alle stiche ins Teuffels Namen, So werdet jhr wol ein Hertz bekommen.[364]

HYPOCRITA. Wann jhr köndten Menschen Blut, Oder ein Hertz von einem Kinde bekommen, Vnd bratet das auff Kolen, vnd esset dasselbe ein, So sollet jhr wol behertzet werden, Dann ich habe wol gehöret, Das ehemals Mörder solches auch gethan, Auch so Blutgyrig darnach worden sein, Das wo jnen ein Mensch begegnet, Wanns auch jhr eigen Vater vnd Mutter were gewesen, hetten sie jne erwürgen müssen.

NERO. Der anschlag ist auch gut, Dar wil ich doch wol rhat zu finden, Ich habe doch dar einen Schelm, ein Hurkindt, Daran ich doch zweiffel, das ich Vater dazu sey, Dem wil das Hertze aus dem Leibe lebendig schneiden, vnd sein Bluth auffangen, vnd zu hauffe ertrincken, vnd im Wein durch einander vermischen, das ichs desto bas hinein kriegen kan. Gehet jhr nur ewre wege, Ich wil meine auch gehen, vnd es mit allem fleis verrichten. Nero gehet abe. Ich wil nun hingehen, vnnd meinen Huren Son holen, Vnd wil jn hin in das Holtz führen, vnd thun wie ich gesagt habe. Ich mus auch in einem Potte nun Kollen, darauff ich das Hertz braten kan, Vnd ein Fläsche mit Wein, darein ich das Bluth vermischen, vnd ein Glasichen, daraus ich trincken könne, mitnhemen. Nero gehet ins Losament, vnd wil den Jungen holen.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 362-365.
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