Scena sexta.

[365] Nero Vnd sein Vnehelicher Son Infans.

Der Knabe tregt die Flässche am Halse, vnnd den Pott mit Kolen in der Handt, vnd gehet in das Holtz.


INFANS. Vater, wo wollet jhr hingehen?

NERO. Wir wollen mit einander ins Holtz spatzieren gehen. Es ist heute schon wetter, Da wollen wir einen Meytag halten.

INFANS. Was wollet jhr dann mit diesen Kolen machen?

NERO. Da wil ich Fewr von machen, Vnd ein Essen dabey kochen.

INFANS. Habt jhr doch kein Fleisch, oder sonstet etwas zukochen bey euch.

NERO. Sey zu frieden, Ich wil wol etwas finden.

INFANS. Haben wir dann noch weit nach dem ort, da jr hin wollen?

NERO. Nein, wir haben nicht weit, Wir wollen baldt dahin kommen.

INFANS. Wie weit wollen wir dann ins Holtz hinein gehen, ehe wir essen.

NERO. Las dich nicht verlangen, Wir werden baldt zur stedt kommen. Gehet allenhandt fort, darnach spricht er. Hie wollen wir bleiben, Setze die Flässche mit dem Wein, Vnd den Topff mit den Kolen dahin, Vnd komme dann hiehero zu mir, Der Junge setzt es nieder, gehet darnach hin zu seinem Vater.

INFANS. Was sol ich nun mehr thun lieber Vater?

NERO. Nim das Holtz, vnd blase die Kolen auff vnd mache Fewr. Das Jünglein gehet hin, vnd thuts, Inmittelst gehet er auff vnd nieder, vnd sihet gar Blutgyrig aus.[366]

INFANS. Was wollet jhr dann nun mit dem Fewr machen?

NERO. Ich wil etwas dabey braten.

INFANS. Ihr habt jo nichts bey euch, das jhr braten könnet.

NERO. Las dich nicht verlangen, Ich wil baldt was bekommen. Schweiget ein wenig stille, vnd bedencket sich, was er thun wil.

INFANS. Ach Vater, Ich kan hie nicht lenger bleiben, vnd weis nicht, Wie mir so angst vnd bang, das ichs nicht sagen kan, O behüte Gott, Wie grawet mich so sehr. Thut als wolte er weg lauffen.

NERO. Hörstu nicht, komme zu mir, Das grawen sol dir baldt vergehen.

INFANS. Ach Vater, Ich kann hie nicht bleiben, Mir ist gar zu angst. Vnd laufft jmmer fort.

NERO laufft jhme nach, vnd ergreifft jhn bey dem Arme, vnd führet jhn wieder zu rügk, vnd sagt. Du must mit mir gehen.

INFANS. Ach, Ach, Ach, Wie ist mir so angst vnd wehe, Mir wird gewisse ein vnglück widerfaren. Als der Junge diese Wort redet, laufft Nero von jhme weg, vnd gehet auff vnd nieder in gedancken. Ach Vater, Lasset mich doch zu Hause gehen.

NERO. Kom her. Nero reisset jhme das Wambs auff, vnd wirfft jhn auff die Erde, der Junge rufft, vnd spricht.

INFANS. Ach Vater, Was wolt jhr machen? Ich hoffe ja nicht, das jhr mich schlachten vnd braten wollet.

NERO. Schweig stille, Vnd halt das Maul.

INFANS. Ach Vater, Ach Vater, Ich bin ja ewer Fleisch vnd Blut.[367]

NERO. Schweig, Vnd setzet jhme das Knye auff den Hals, das er nicht mehr ruffen kan, der Knab aber grunselt gleichwol. Warte, ich wil dir das grünseln bald verbieten, Streichet die Ermeln auff, nimbt ein Messer, vnd schneidet seinen Leib auff, vnd schepffet mit einem Schälichen jhme das Bluth aus seinem Leibe, vnd setzt es bey sich, Darnach nimpt er das Hertze jhme aus dem Leibe, vnd wirfft den Cörper in ein Loch, Nimbt darnach das Gläsichen, vnd vermischet das Bluth mit Wein, vnd trinckts aus, Das Hertze legt er auff die Kolen, bratet das, vnd frissts auff, Wann er das so alles verrichtet, gehet er abe, und spricht. Nun deucht mich, ich sey so keck, Wann mich der Teuffel begegnete, ich wolte mich an jhnen machen. Ich wil nun hingehen, vnd vernhemen, Ob mein Vater heute wil in den Garten gehen, Damit ich mich darauff auch könne gefast machen. Gehet abe.


Quelle:
Herzog Heinrich Julius von Braunschweig: Die Schauspiele. Stuttgart 1855, S. 365-368.
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