10.

[348] Die Chiaja dröhnt von Reitern und Karossen,

Konzert im Grünen, lust'gen Menschenscharen.

Siehst du die schöne Frau mit blonden Haaren,

Stumm an des Gatten Seite hingegossen?


Er blickt so kalt, sie traurig und verdrossen.

Die Dulderin! Kann er ihr's nicht ersparen,

Dicht an dem Hause dort vorbeizufahren,

Wo er sein freches Liebchen eingeschlossen?
[348]

Die zeigt am Fenster sich zur Korsostunde.

Die arme junge Frau sieht stolz vorüber –

Wohin? Dort nach dem Stutzer hoch zu Pferd?


Aufblitz ein Lächeln an dem blassen Munde,

Ein Wink – ein Blick herüber und hinüber –

O Dulderin! – Ihr seid einander wert!

Quelle:
Paul Heyse: Gesammelte Werke, 3 Reihen in 15 Bänden, Reihe 1, Band 5, Stuttgart 1924, S. 348-349.
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